Der Tagesspiegel: US-Ökonom Lester Thurow fordert mehr Investitionen in die Bildung weltweit - und weniger Angst der Europäer vor neuen Technologien
Berlin (ots)
Europa braucht einen technologischen Schub, um langfristig wachsen zu können. Das sagte der US-Ökonom Lester Thurow dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe). Doch gerade bei neuen Technologien drohe Europa zurückzufallen. "Die Zukunftstechnologie ist Biotechnologie", sagte Thurow, der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Wirtschaftswissenschaften lehrt. Biotech werde auch eine großer Jobmotor sein. "Nanotechnologie, die zukünftige Computertechnologie, die Entwicklung von neuen Medikamenten - alles ist im Prinzip Biotech." Verhalte sich Europa weiter ablehnend, werde Europa verlieren. "Biotech beiseite zu lassen, wird dieselben Folgen haben, als wenn die Menschen auf die Elektrizität verzichtet hätten."
Die Gefahren der Biotechnologie würden weit überschätzt, sagte Thurow. "Wie viele Menschen sterben jedes Jahr, weil wir Elektrizität nutzen! Wir haben uns bloß an die Gefahren gewöhnt. Europa muss sich jetzt entscheiden, entweder auch den Weg zur Biotechnologie mitzugehen oder unter Umständen so arm zu werden wie Afrika heute, während die USA in hundert Jahren noch reicher sind."
Thurow forderte auch eine weltweite Bildungsoffensive. Die Weltbank sollte sich nicht mehr um die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen kümmern, sondern "lieber Schulen aufbauen und unterstützen". Das massivste Problem der Globalisie-rung sei der Bildungsabstand zwischen der Dritten und der Ersten Welt. "In einer Ökonomie, die immer mehr auf Wissen und immer weniger auf natürlichen Rohstoffen beruht, bekommt jemand ohne Bildung überhaupt keinen Job mehr", sagte Thurow. Die Herausforderung sei allerdings riesig. Nach der US-Definition für Analphabetismus - alle, die nicht auf dem Stand der vierten Klasse lesen und schreiben können - seien etwa 50 Prozent der Weltbevölkerung Analphabeten.
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