Der Tagesspiegel: Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung hat die Praxisgebühr gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt.
Berlin (ots)
Berlin. Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn- Mengel (SPD), hat die Praxisgebühr gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt. "Jeder, der jetzt sagt, dies oder jenes muss zurückgenommen werden, muss auch sagen, wie er die Finanzierungslücke schließen will", sagte Kühn-Mengel dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" im Interview. Die Praxisgebühr sei Teil des Reformkonsenses mit der Union, zu dem sie stehe. Allerdings übte Kühn-Mengel scharfe Kritik an Ärzten und Krankenkassen. Sie habe erlebt, "wie manches auf dem Rücken von Patienten ausgetragen wird, das der Politik galt". Beim Umgang mit den Kranken brauche es "oft nur ein wenig mehr Mitdenken oder Anstand." Für die Bürger seien "die vielen Bemühungen, die Systeme zu stabilisieren" allerdings "schwer nachvollziehbar", räumte Kühn- Mengel ein. Die Praxisgebühr sei zu einer Art Symbol dafür geworden, "dass sich Vertrautes verändert". Sie hoffe aber, dass einiges durch die Bonusprogramme derKrankenkassen wieder ausgeglichen werde. So planten etliche Kassen, ihren Versicherten die Praxisgebühr im Zuge des Hausarztmodells zu erlassen. Als "Skandal" bezeichnete die Patientenbeauftragte den Versuch von Arzneimittelherstellern, sich neue Nischen zu schaffen. Jahrzehntelang hätten sie bestimmte Medikamente mit dem Argument verkauft, dass sie so nebenwirkungsarm seien. "Plötzlich heißt es, die hätten so viele Nebenwirkungen , dass sie unbedingt verschreibungspflichtig werden müssten." Ein Gewinn für die Patienten wäre nach Kühn-Mengels Ansicht die Einführung einer Bürgerversicherung, bei der auch andere Einkommen einbezogen werden. Damit lasse sich das System langfristig finanziell stabilisieren. Sie könne sich vorstellen, dass sich die SPD dadurch wieder einen sozialeren Anstrich geben könnte, sagte dier Patientenbeauftragte. Außerdem sei es gerechter, wenn alle in dasselbe System einzahlten. Zurzeit bestünden sehr wohl Qualitätsunterschiede in der Versorgung von gesetzlich und privat versicherten Patienten.
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