Der Tagesspiegel: Volksentscheid hat politische, aber keine juristische Bindung
Hamburg (ots)
Der Volksentscheid gegen den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) hat politische, aber keine juristische Bindung. Auch wenn 76,8 Prozent der wahlberechtigten Hamburger am Sonntag gegen die Verkaufsabsichten des Senats votierten, kann die Bürgerschaft dem zustimmen, sollte sie einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt bekommen, sagte Hans Peter Bull, Verfassungsrechtler der Uni Hamburg und ehemaliger Innenminister in Schleswig-Holstein. "Man kann nicht vor dem Verfassungsgericht auf Umsetzung des Volksentscheides klagen", so Bull. Das Parlament habe das letzte Wort und könne sich anders entscheiden. Der Verfassungsgeber habe auf die politische Bindung von Volksentscheiden gesetzt, sagte Bull. Der Volksentscheid hat nach der Hamburger Verfassung denselben Rang wie ein Beschluss der Bürgerschaft.
Nachfolgend der komplette Text: Volkes Wille ist eindeutig: Verkauft unsere Krankenhäuser nicht!, sagt er, insgesamt 588.952-mal: 76,8 Prozent der wahlberechtigten Hamburger kreuzten am Wahlsonntag auf dem grünen Volksentscheid- Zettel das große "JA" an - und sprachen sich damit gegen den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser aus. Das ist eine klare politische Botschaft. Eine juristische Verpflichtung ist es aber nicht. Sollte der Senat trotzdem ein Gesetz in die Bürgerschaft einbringen, das den Verkauf des LBK möglich macht, und sollte das Parlament dem zustimmen, wäre daran formal nicht zu rütteln."Eine rechtliche Bindung ist nicht da", sagt Hans Peter Bull, Hamburger Verfassungsrechtler und ehemaliger Innenminister von Schleswig- Holstein. "Man kann nicht vor dem Verfassungsgericht auf Umsetzung des Volksentscheides klagen." Das Parlament habe das letzte Wort und könne sich anders entscheiden. Das sei so aber nicht gewollt. "Der Verfassungsgeber hat auf die politische Bindung von Volksentscheiden gesetzt", sagt Professor Bull und hofft, die Politik werde sich entsprechend verhalten. Auch Martin Schmidt, ehemaliger Grünen- Abgeordneter und Verfassungsexperte, sieht Unklarheiten, was den "Zwangscharakter der Entscheidung" angeht. Das Besondere an der Situation ist, dass einige Bürgerschaftsfraktionen vor dem Volksentscheid an die Bürger appelliert haben, nicht gegen den Verkauf zu stimmen. Doch das Volk entschied anders. Sollte sich das Parlament darüber hinwegsetzen, wäre das laut Martin Schmidt ein "verfassungsrechtlicher Skandal". In die Landesverfassung wurde die Volksabstimmung 1996 aufgenommen. Damals konnte das Volk nur bei Gesetzen mitreden. 1998 gab es den ersten Volksentscheid, der Bürgerbegehren auf Bezirksebene zuließ. 2001 wurde das Gesetz erneut erweitert. Das Volk darf seidem auch Entscheidungen fällen. Der Volksentscheid hat denselben verfassungsmäßigen Rang wie ein Parlamentsbeschluss. Nicht in der Verfassung vorgesehen ist übrigens ein Volksentscheid zur Auflösung des Parlaments.
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