Der Tagesspiegel: Interview mit Schwedens Außenministerin Laila Freivalds
Berlin (ots)
Stockholm. Die schwedische Außenministerin Laila Freivalds hält die außenpolitische Position der Europäischen Union (EU) für zu schwach und die Arbeit für nicht effektiv genug. Im Interview mit dem Tagesspiegel sagte sie: "Wir müssen mehr von dem, was wir diskutieren, auch umsetzen - und zwar in der praktischen täglichen Zusammenarbeit. Heute diskutieren wir viele der großen Fragen in der EU, aber das führt selten zu aktivem, gemeinsamen Handeln." Auf die Frage, ob die EU deshalb einen Außenminister brauche, sagte die 61- jährige Nachfolgerin der im vergangenen September ermordeten Anna Lindh, dass organisatorische Fragen zwar wichtig seien, "aber ich denke, es ist mehr eine Frage des Willens. Schon mit den Strukturen, die wir heute in der Union haben, könnte die EU ein viel stärkerer Akteur sein - wenn die Mitgliedsstaaten dies wirklich wollten". Die gebürtige Lettin verteidigte die vorübergehenden Beschränkungen für den Zugang auf den Arbeitsmarkt, den viele der alten Mitgliedsstaaten, daraunter auch Schweden, für die zehn neuen EU- Länder erlassen haben. Durch die unterschiedlichen Lebensstandards könne es zu negativen Auswirkungen auf den schwedischen Arbeitsmarkt kommen. "Außerdem könnte es sein, dass Arbeitnehmer aus den neuen Ländern ausgenutzt werden." Daher müssten die wirtschaftlichen Unterschiede so schnell wie möglich verringert werden, denn diese seien das eigentliche Strukturproblem. Freivalds widersprach allerdings der Kritik, die Übergangsregeln schüfen eine Zwei-Klassen- Gesellschaft in der Union. Sie räumte aber ein, dass die EU die Sachlage falsch vermittelt habe. "Man bekam den Eindruck, dass es keine Übergangsregeln geben würde, und dann plötzlich werden sie eingeführt." Der bei vielen vorhandene Ärger rühre daher, "dass man das nicht von Anfang an gesagt hat". Dies gelte auch für die schwedische Regierung. Indirekt kritisierte sie auch ihren Ministerpräsidenten Göran Persson, der in diesem Zusammenhang von der Gefahr des "Sozialtourismus" gesprochen hatte. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand diesen Ausdruck weiter verwenden wird. Er ist nicht mehr relevant", sagte Freivalds.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
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