Der Tagesspiegel: "Wer einmal aufmacht, hat aufgemacht" DGB-Vorsitzender Michael Sommer im Interview
Berlin (ots)
Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer rechnet damit, dass bei den Hartz- Reformen weitere Veränderungen stattfinden werden, nachdem das Reformpaket wegen der Auszahlungen ohnehin aufgeschnürt worden sei: "Wer einmal aufmacht, hat aufgemacht", sagte Sommer dem Tagesspiegel (Montagsausgabe). Sommer hält zudem die Chancen, Veränderungen bei Hartz durchzusetzen, für größer als einen gesetzlichen Mindestlohn zu bekommen: "Wer glaubt, die Union würde im Bundesrat freudig erregt einem anständigen Mindestlohn zustimmen, täuscht sich. Deswegen lassen wir SPD und Grüne nicht aus der Klammer, was die Zumutbarkeit angeht. Wir müssen dafür sorgen, dass die Zumutbarkeit einer anzunehmenden Arbeit sich wieder an den tariflichen und ortsüblichen Löhnen orientiert." Nach Sommers Ansicht würde ein Mindestlohn "nur Sinn machen, wenn er klar über dem Niveau eines zweiten Arbeitsmarktes liegt."
Zum Streit mit der SPD sagte Sommer, dass es seiner Ansicht nach kein dauerhaftes Zerwürfnis gebe. "Bei der Tarifautonomie und der Mitbestimmung sind wir einer Meinung. Bei einigen Reformmaßnahmen ist es nicht so. An diesem Punkt werden wir uns auch nicht mehr einigen." Der Gewerkschaftschef räumte ein, dass die deutschen Gewerkschaften zur Zeit unter massiven Mitgliederverlusten leiden, bestritt aber, dass die Austritte im Zusammenhang mit den Hartz-Reformen stehen.
Sommer äußerte sich sehr besorgt über die Entwicklung der Montagsdemonstrationen: "Wir alle haben die große Sorge, dass in einzelnen Städten von extremen politischen Kräften versucht wird, die Demonstrationen zu unterwandern. Wir haben uns als DGB darauf verständigt, dass wir in solchen Fällen an den Demonstrationen nicht teilnehmen." Er räumte allerdings ein, dass es darüber im DGB unterschiedliche Auffassungen gebe: "Es gibt in Einzelfällen unterschiedliche Auffassungen, wie wir es schaffen, die Demonstrationen nicht in die Hände von Feinden unserer Demokratie fallen zu lassen."
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