Der Tagesspiegel: Caritas-Chef Cremer sieht Mitnahmeeffekte bei Vermietungen und Verpachtungen
Berlin (ots)
Der Generalsekretär der Caritas Deutschland, Georg Cremer, sieht die Schuld für "Mitnahmeeffekte", wie sie der Kanzler angeprangert hat, bei der Politik. "Es gibt Mitnahmeeffekte. Aber diese Debatte sollten man nicht auf Unter- und Mittelschichten beschränken. So werden bei Vermietungen und Verpachtungen hohe steuerliche Verluste geltend gemacht. Die steuerlichen Regelungen sind also sehr attraktiv. Die Politik muss sich an die eigene Nase fassen und Regelungen finden, die gerade hier weniger Mitnahmeeffekte ermöglichen", sagte Cremer dem Tagesspiegel am Sonntag. Cremer kritisierte, dass vor allem die Älteren durch die Arbeitsmarktreformen der Regierung weiter benachteiligt werden. Dabei würden ältere Arbeitnehmer in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt "stärker diskriminiert als in anderen Ländern". Aber auch die Tarifverträge im öffentlichen Dienst würden diese Tendenz verstärken. Dort sei es für einen Arbeitgeber "teurer, einen älteren Arbeitnehmer mit Familie einzustellen als einen ledigen Jüngeren". Cremer forderte: "Soziale Zuschläge gehören ins Steuersystem, sie dürfen nicht den Arbeitgebern aufgebürdet werden." Aber genau die Gruppen älterer Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsmarkt gedrängt würden - Facharbeiter und Akademiker, die einmal ein gutes Gehalt bezogen haben - stünden mit Hartz IV schlechter da als vorher. Die Zahl von 600.000 möglichen Ein-Euro-Jobs, die Wirtschaftsminister Wolfgang Clement angekündigt hat, zieht Cremer in Zweifel. "In der Wohlfahrtspflege sind es weniger. Gemeinsam kommen wir in der Starkphase auf 10.000 Arbeitsgelegenheiten in den sozialen Diensten", sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Für einen "Konstruktionsfehler" hält Cremer die Regelung, dass Arbeitslose mit einem Ein-Euro-Job plus dem Arbeitslosengeld II mehr Geld verdienen können als mit einem regulären Nebenjob. "Von einem Minijob im ersten Arbeitsmarkt mit 400 Euro darf ein Arbeitsloser nur 60 Euro behalten. Das ist arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv. Schließlich sollte die Integration in den ersten Arbeitsmarkt Vorrang haben vor öffentlich finanzierter Beschäfitgung", sagte er. Kritik äußerte Cremer auch daran, dass die Bundesregierung eine umfassende Pflegereform in die nächste Legislaturperiode verschoben hat. "Eine alternde Gesellschaft wird zwangsläufig mehr Geld aufbringen müssen. Entweder man hebt die Beiträge an - oder man such neue Wege, wie man das Pflegerisiko im Alter absichern kann. Das kann auch durch eine ergänzende kapitalgedeckte Zusatzversicherung passieren", sagte er.
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