Der Tagesspiegel: Bund hat kein Geld für Rekonstruktion zerrissener Stasi-Akten
Berlin (ots)
Die computergestützte Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen wird nach einem Bericht des in Berlin erscheinenden Tagesspiegel (Freitagausgabe) vorerst nicht beginnen und droht damit gänzlich zu scheitern. Vertreter von SPD und Grünen teilten nach Informationen der Zeitung im Innenausschuss des Bundestages mit, dass die für den Start eines entsprechenden Pilotprojektes benötigten 2,2 Millionen Euro im Jahr 2005 nicht zur Verfügung stehen.
In der Stasi-Unterlagenbehörde liegen rund 16 000 Säcke mit Aktenschnipseln. Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) wollte dieses Material 1989/90 vollständig vernichten, was nicht mehr gelang. Nach Erkenntnissen der Birthler-Behörde handelt es sich um Unterlagen, die von damit befassten MfS-Offizieren als zum Teil besonders belastend empfunden wurden. In mühevoller Handarbeit werden seit 1995 im fränkischen Zirndorf solche Unterlagen zusammengepuzzelt. Beim bisherigen Tempo würde es mehrere hundert Jahre dauern, bis das gesamte Material wiederhergestellt wäre. 2003 stellte ein Unternehmenskonsortium ein computergestütztes Verfahren vor, das dieses Pensum in nur fünf Jahren leisten soll.
Der stellvertretende Innenausschussvorsitzende Hartmut Büttner (CDU) sagte dem Tagesspiegel, dies sei ein moralischer Offenbarungseid der Koalitionsparteien bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Nach Berechnungen der Stasi-Unterlagenbehörde, die der Zeitung vorliegen, kostete die manuelle Puzzlearbeit bisher 11,4 Millionen Euro. Ein zweijähriges computergestützte Pilotprojekt, das die Behörde gemeinsam mit dem Konsortium geprüft habe, würde 6,3 Millionen Euro kosten. Dabei sollte innerhalb nur eines Jahres der Inhalt von 400 Säcken wiederhergestellt werden. Nach der manuellen Methode wurden in zehn Jahren nur 260 Säcke aufgearbeitet.
Die Innenexpertin der Grünen Silke Stokar sagte dem Tagesspiegel, man habe lange um die Finanzierung gerungen. Aber es sei den Haushältern nicht zu vermitteln gewesen, Geld für ein Pilotprojekt auszugeben, wenn die Anschlussfinanzierung das Gesamtprojekt würde rund 50 Millionen Euro kosten völlig ungeklärt sei. Man werde aber im nächsten Jahr erneut über die Mittel verhandeln.
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