Der Tagesspiegel: Experten fordern neuen Sachverständigenrat
Berlin (ots)
Aufgrund des Streits unter den Wirtschaftsweisen Wolfgang Wiegard und Peter Bofinger fordern Experten grundlegende Veränderungen an dem Politikberatungs-Gremium. Der Streit im Sachverständigenrat ist weniger persönlich als man denkt", sagte der Wirtschaftswissenschaftler Michael Burda von der Humboldt- Universität Berlin dem Tagesspiegel (Montagsausgabe). Es ist ein fundamentaler Fehler in der Konstruktion des Sachverständigenrats, dass Streit nicht möglich ist". Das Gremium sei einfach nicht für verschiedene Ansichten gemacht. Burda fordert, dass der Kanzler sich stattdessen einen persönlichen Partisanenrat berufen solle, auf den er dann auch hört.
Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, findet, dass in dem Gremium Konstruktionsfehler behoben werden müssten. Dass zwei Mitglieder von den Gewerkschaften und Arbeitgebern vorgeschlagen werden könnten, müsse abgeschafft werden, fordert Zimmermann im Tagesspiegel.
Burda und Zimmermann sind der Meinung, dass der Politik am besten gedient sei, wenn der Kanzler nach dem US-Modell selbst ein Gremium auswählen würde, das ihn direkt berät. Das sei sinnvoller, als die Konsenssuppe aus der Sicht von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Banken", sagte Burda. Der Rat habe sich in den vergangenen Jahrzehnten nur geeinigt, weil es der deutschen Wirtschaft gut ging".
Zimmermann zufolge ist der Sachverständigenrat in seiner derzeitigen Form ein Selbstdarstellungsforum, in dem jeder seine kontroverse Meinung äußern könne. Ideal wäre dagegen ein Kanzlergremium, bei dem sich nur der Vorsitzende öffentlich äußere, sagte Zimmermann. Aber das Ende des Rats sei wohl noch nicht gekommen, räumte Zimmermann ein.
Das denkt auch Hans-Joachim Haß, Leiter der Grundsatzabteilung beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Wir müssen den Rat nicht grundsätzlich in Frage stellen, sagte er. Auch früher habe es kontroverse Diskussionen gegeben. Neu ist aber, dass das nun öffentlich ausgetragen wird, sagte Haß. Er kritisierte, dass durch den derzeitigen Disput die Institution des Sachverständigenrats in Mitleidenschaft gezogen werden könne. Der Rat ist aber nach wie vor zeitgemäß und dringend notwendig.
Zimmermann und Haß erwarten, dass Bert Rürup den Vorsitz von Wiegard übernehmen wird. Es kann nur Herr Rürup werden, sagte Zimmermann. Die von Arbeitgebern oder Gewerkschaften vorgeschlagen Mitglieder könnten den Vorsitz nicht übernehmen, und Beatrice Weder die Mauro sei zu kurz dabei. Auch Haß erwartet, dass Rürup neuer Chef wird. Sowohl sein Dienstalter als auch seine fachliche Reputation machten ihn zum natürlichen Nachfolger von Wiegard."
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