Der Tagesspiegel: Visa-Affäre: Fischer wies Bedenken gegen Volmer-Erlass im Frühjahr 2000 persönlich zurück
Berlin (ots)
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat im Frühjahr 2000 Bedenken aus den Ländern gegen den so genannten Volmer-Erlass persönlich zurückgewiesen. Das ergibt sich aus dem Antwortschreiben Fischers auf einen warnenden Brief des des damaligen baden- württembergischen Innenministers Thomas Schäuble (CDU), die beide dem Berliner "Tagesspiegel" vorliegen.
Schäuble wertet den Erlass in seinem Brief vom 30. März 2000 als Mosaikstein in dem erkennbaren Bestreben weiter Teile der Bundesregierung, von den bisher anerkannten ausländerrechtlichen und ausländerpolitischen Zielsetzungen ... abzurücken". Als nicht sachgerecht" monierte der Stuttgarter Innenminister vor allem, dass die Anforderungen an den Nachweis der Rückkehrbereitschaft abgesenkt würden. In dem Volmer-Erlass vom 3. März 2000 wird das Prinzip Im Zweifel für die Reisefreiheit" ausgegeben. Hingegen fordert Schäuble, dass ein Visum nicht erteilt werden dürfe, wenn Zweifel an der Bereitschaft eines Ausländers, nach Ablauf des Visums freiwillig zurückzukehren, nicht ausgeräumt werden können". Sonst drohe eine Umgehung der Einreisebestimmungen" mit der Folge, dass mehr Ausländer zwangsweise abgeschoben werden müssten.
Fischer schreibt in seinem persönlichen Antwortbrief vom 18. April 2000, der Erlass beinhalte keinerlei Änderung der geltenden ausländerrechtlichen Lage". Er solle die Visapraxis transparenter und bürgerfreundlicher" gestalten. Auf Schäubles Warnung vor zunehmendem Missbrauch geht Fischer nicht direkt ein. Er schreibt lediglich, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen ist, wenn nicht hinreichend wahrscheinlich festgestellt werden kann, dass der Antragsteller sein Visum missbrauchen ... will." Dabei seien alle Umstände zu berücksichtigen, die für und gegen die Einreise des Antragstellers sprechen." Ziel der Visapraxis müsse es sein, so viel Reisefreiheit wie möglich zu gewährleisten und gleichzeitig eine Umgehung der Einreisebestimmungen zu vermeiden."
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