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Der Tagesspiegel: Außenamt-Erlasse zum Verzicht auf Bonitätsprüfung schon vor 1998

Berlin (ots)

Wichtige von der Opposition kritisierte
Entscheidungen des Auswärtigen Amtes zur Erleichterung der
Visa-Vergabe sind im Grundsatz schon von der Vorgängerregierung
durchgesetzt worden. Das beweisen drei Erlasse des Auswärtigen Amtes
aus den Jahren 1995 und 1997, die dem in Berlin erscheinenden
Tagesspiegel vorliegen (Ausgabe vom Donnerstag). Danach wurde der
Verzicht auf die Bonitätsprüfung von Gastgebern nach Vorlage einer
Verpflichtungsermächtigung und eine bevorzugte Behandlung von
Geschäftsleuten schon in Erlassen des Auswärtigen Amtes vom 29.
Dezember 1995, vom 21. April 1997 und vom 16. Mai 1997 geregelt.
Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat eingeräumt, dass ein
unter seiner Verantwortung ergangener Erlass vom September 1999 ein
Fehler sei. Darin werden die Auslandsvertretungen aufgefordert, bei
Verpflichtungserklärungen "in der Regel auf die Vorlage von weiteren
Unterlagen im Zusammenhang mit der Bonität des Einladenden" zu
verzichten. Die nun vorliegenden Dokumente stützten Fischers These,
die Instrumente zum Missbrauch von Visa seien schon von der
Vorgängerregierung geschaffen und in seiner Amtszeit lediglich noch
missbrauchsanfälliger gemacht worden. Mitarbeiter des Visa-Referats
sagen am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss aus.
So heißt es in dem Erlass vom Dezember 1995 mit Bezug auf massive
datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Weitergabe von
Einkommensunterlagen, die Verhältnismäßigkeit sei nicht mehr gewahrt,
wenn "Nachweise regelmäßig oder von nahezu jedem Gastgeber verlangt
werden". Die Vertretung dürfe das Visum nur in Ausnahmen von diesen
Dokumente abhängig machen. Auch der Erlass vom Mai 1997 geht davon
aus, dass Ausländerbehörden häufig die Bonität von Einladern nicht
prüfen. Trotzdem weist er die Vertretungen an, die Forderung nach
Einkommensnachweisen müsse "die Ausnahme bleiben". Der Erlass vom
Juni 1997 beruft sich ausdrücklich auf das Ziel des damaligen
Ministers Kinkel, deutsche Wirtschaftsinteressen im Ausland zu
fördern. "Vor diesem Hintergrund gewinnt die flexible Erteilung von
Visa (...) an Geschäftsleute besondere Bedeutung", heißt es darin.
Visa-Stellen sollen laut Erlass von dieser Gruppe keine persönliche
Vorsprache und keine Belege und Nachweise des Aufenthaltszwecks mehr
verlangen.
Tagesspiegel Politikredaktion
Tel. 030-26009389
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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