Der Tagesspiegel: Ottmar Schreiner: Eigene Mehrheit für die rot-grüne Koalition nur unter Bedingungen
Berlin (ots)
Mit Blick auf die Mehrheitsfähigkeit der rot-grünen Koalition drängt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Ottmar Schreiner (SPD), auf eine Kurskorrektur nach den NRW- Landtagswahlen. Entscheidend für das Ausmaß der Erschütterungen in der SPD-Bundestagsfraktion wird sein, ob es zu Kurskorrekturen kommt oder ob es heißt: Augen zu und durch, sagte Schreiner im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Die SPD hat es in der Hand, ihre Wähler zurückzugewinnen und die Entstehung einer neuen linken Bewegung zu verhindern, sagte Schreiner mit Blick auf die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit. Es gebe in der Fraktion schon jetzt erheblichen Widerstand gegen die Senkung der Körperschaftsteuer und die Vergünstigungen bei der Vererbung von Firmenvermögen. Am Ende wird es nur unter zwei Bedingungen eine eigene Mehrheit der Koalition geben, sagte Schreiner. Erstens dürfe die Senkung der Körperschaftsteuer nicht zu weiteren Einnahmeausfällen führen und müsse bis ins Letzte gegenfinanziert werden. Daran gebe es bis jetzt erhebliche Zweifel. Zweitens komme eine Senkung der Erbschaftsteuer bei Firmenvermögen nur in Frage, wenn zugleich die Erbschaftsteuer auf große Privatvermögen angehoben werde.
Ein Machtverlust in NRW wäre für die SPD ein schwerer Schlag, sagte Schreiner. Die Identifikation der Partei mit NRW ist ähnlich stark wie die der CSU mit Bayern. Das hätte eine andere Qualität als die Niederlagen in anderen Bundesländern, so bitter diese auch waren, sagte er. Schreiner warnte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) davor, nach der NRW-Wahl die Vertrauensfrage zu stellen. Er würde ihm davon abraten, weil das ein Instrument ist, das man nur in Notfällen gebrauchen sollte, sagte Schreiner. Es wäre aus seiner Sicht besser, eine Vertrauensfrage mit ganz praktischen Schlussfolgerungen aus der Kapitalismuskritik zu verknüpfen und nicht mit der Agenda 2010 und den Job-Gipfel-Beschlüssen.
Konkret forderte Schreiner zur Belebung der Binnenkonjunktur ein öffentliches Investitionsprogramm von 20 Milliarden Euro jährlich. Um dieses Programm zu finanzieren, sollten höhere Einkommen und Vermögen deutlich höher belastet werden. Zum Teil werde es sich aber auch selbst finanzieren, weil es Hunderttausende neuer Jobs brächte und vor allem das Handwerk und den Mittelstand stärken würde. Als zwingend bezeichnete er die Lockerung der Zumutbarkeitsregeln bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV. Unabdingbar sei außerdem, dass die Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen zurückgenommen werde.
Zu seiner persönlichen Zukunft in der SPD sagte Schreiner: Ich kann für keine Organisation ein Ewigkeitsgelübde abgeben. Es muss so sein, dass man sich mit ihr identifizieren kann. Er wolle aber nach den Landtagswahlen in NRW dazu beitragen, dass die SPD ihren Kurs korrigiere.
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