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Der Tagesspiegel: Ökonomen halten Scheitern der Euro-Währungsunion für denkbar

Berlin (ots)

Ein Scheitern der Euro-Währungsunion wird von
namhaften Ökonomen nicht mehr ausgeschlossen. "Es ist durchaus
möglich, dass manche Mitgliedsländer aus nationalem Interesse eines
Tages austreten", sagte Paul de Grauwe, Währungsexperte an der
Universität Leuven und früherer Kandidat für den Posten des
EZB-Präsidenten, dem "Tagesspiegel" (Freitagausgabe). "Die Versuchung
in manchen Ländern ist groß." Als Beispiel nennt er Italien. Die hohe
Inflationsrate mache das Land weniger wettbewerbsfähig im Vergleich
zu Deutschland - es sei verlockend, dies mit dem
Wechselkursinstrument zu beheben. "Damit die Währungsunion
funktioniert, brauchen wir mehr politische Integration", forderte de
Grauwe. Ansonsten würden sich die Länder nicht an eine gemeinsame
Wirtschaftspolitik halten, die für die Währungsunion nötig sei.
Auch Stefan Homburg, Finanzwissenschaftler an der Universität
Hannover, hält ein Ende des Euro für möglich. "Im Falle einer
finanzpolitischen Krise ist das denkbar - denn die Solidarität der
anderen Euro-Länder ist begrenzt." Italien etwa laufe mit seiner
rapide alternden Gesellschaft und der hohen Verschuldung Gefahr,
eines Tages in Schwierigkeiten zu geraten. Andere Länder würden dann
kaum zur Hilfe kommen und eher ein Ausscheiden Italiens anstreben.
Jürgen von Hagen vom Zentrum für Europäische Integrationsforschung
(ZEI) in Bonn hält die unterschiedliche Finanzpolitik der Länder für
gefährlich. "Deutschland, Frankreich und Italien betreiben eine
unsolide Finanzpolitik - womöglich sind die kleinen, solide
wirtschaftenden Euro-Länder eines Tages nicht mehr bereit, die Folgen
dessen mitzutragen." Deutschland trüge durch die Aufweichung des
Stabilitätspaktes dann eine erhebliche Mitschuld am Scheitern der
Währungsunion. Allerdings sei ein Ende mit hohen Kosten verbunden und
vorerst kein wahrscheinliches Szenario.
Herbert Brücker vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) in Berlin warnte vor einem Austritt aus der EWU. "Dann müsste
eine Land erst wieder eine neue Reputation für die neue Währung an
den Märkten aufbauen - das wäre außerordentlich schwierig, vor allem,
wenn hinter einem Austritt der Wunsch nach einer laxen Geldpolitik
steht", sagte er.
Rückfragen bitte an das Ressort Wirtschaft, Tel. 030-26009260.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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