Der Tagesspiegel: Brüssel gegen deutschen Mautausgleich EU sieht keine Chancen für das bisher geplante Modell. Spediteure fordern von der Regierung, notfalls auch vor Gericht zu ziehen
Berlin (ots)
Die bisherigen deutschen Pläne, den Spediteuren einen teilweisen Ausgleich für die Lkw-Maut zu gewähren, haben bei der EU-Kommission kaum noch eine Chance. "Wir haben nichts gegen das Prinzip der Kompensation an sich", heißt es in Kommissionskreisen. Aber mit dem eingereichten Konzept sei das Risiko der Diskriminierung groß, denn die deutschen Spediteure könnten bevorzugt werden, erfuhr der "Tagesspiegel" (Montagausgabe) aus der Kommission. Werde das System nicht mehr verändert, werde Brüssel ihm nicht zustimmen. Deshalb warte man derzeit darauf, dass vom Bundesverkehrsministerium ein neuer Vorschlag komme.
In Berlin will man aber wiederum eine baldige Entscheidung der Kommission. "Wir haben die Erwartung, dass diese Frage in Brüssel schnell geklärt wird - und zwar noch in diesem Sommer", sagte ein Ministeriumssprecher dem "Tagesspiegel". Dazu würde auch eine Reihe von Expertengesprächen geführt. Zum Stand der Diskussion äußerte er sich nicht.
Die Auseinandersetzung geht um 600 Millionen Euro. Mit der Einführung der Lkw-Maut sollten die Spediteure diese als Ausgleich erhalten - über die Anrechnung der in Deutschland gezahlten Mineralölsteuer. Weil dazu die Genehmigung durch die EU bisher aussteht, liegt die seit Januar eingeführte Maut bei durchschnittlich 12,4 Cent je Kilometer. Ursprünglich waren 15 Cent geplant. Es gebe keinen offiziell festgesteckten Zeitrahmen für eine Entscheidung zum deutschen Modell, heißt es in Kommissionskreisen. Die Zuständigkeit liegt dabei primär beim Verkehrskommissar Jacques Barrot. Eine Entscheidung muss aber von der Mehrheit aller Kommissare bestätigt werden.
Das Speditionsgewerbe hat kaum noch Hoffnung auf ein "Ja". Alle Signale aus Brüssel deuteten auf eine Ablehnung, sagte Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV), dem "Tagesspiegel". Nach seinen Informationen bewertet der juristische Dienst der EU das deutsche Konzept nur rein formalrechtlich positiv, vom Ergebnis betrachtet aber als indirekte Diskrimierung. Rogge forderte die Bundesregierung auf, gegebenenfalls vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu ziehen, sobald eine rechtsverbindliche Ablehnung aus Brüssel vorliege. Falls auch das nicht erfolgreich sei, müssten andere Ausgleichsmaßnahmen für die Branche eingeleitet werden. "Eine Anhebung der Maut auf die ursprünglich geplanten 15 Cent geht jedenfalls ohne Ausgleich nicht", sagte Rogge. Das Ministerium müsse erst mit den Bundesländern zum einen über die Absenkung der Kfz-Steuer für Spediteure auf das europäische Niveau sprechen. Das entspräche 100 Millionen Euro. Außerdem sollte wie ebenfalls schon früher versprochen der Kauf umweltfreundlicherer Lkws gefördert werden. Das wären noch einmal 150 Millionen Euro. Da die Entlastung insgesamt nicht wie geplant bei 600 Millionen Euro liegen würde, forderte Rogge, die Maut dann höchstens auf 13,6 oder 13,7 Cent je Kilometer zu erhöhen.
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