Der Tagesspiegel: Rentenexperten warnen neue Bundesregierung vor zu harten Einschnitten
Berlin (ots)
Berlin - Rentenexperten haben die kommende Bundesregierung davor gewarnt, allzu tiefe Einschnitten oder gar Kürzungen bei der Alterssicherung vorzunehmen. "Wenn das Rentensystem eine politische Legitimation behalten soll, darf man das Leistungsniveau nicht weiter zurückfahren, die Untergrenze ist bereits erreicht", sagte Winfried Schmähl, Ex-Regierungsberater und Sozialpolitik-Professor an der Universität Bremen, dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Rentenkürzungen wären ein Eingriff ins Eigentum", warnte Heinz Stapf-Finé, Leiter der Abteilung Sozialpolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Auf den Eigentumsschutz im Grundgesetz verweist auch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). "Es wäre verfassungsrechtlich problematisch, wenn die Summe der Rentenzahlungen, die ein Rentner im Laufe seines Lebens erhält, im Durchschnittsfall geringer ausfallen würde als die Summe seiner Beiträge", gibt BfA-Sprecher Ulrich Theil zu bedenken. Auch der Berliner Verfassungsrechtler Volker Neumann von der Humboldt-Universität schlägt Alarm: "Die Eckrente muss über dem Sozialhilfesatz liegen", findet er. Alles andere sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
Schon die Rentenreformen der vergangenen Jahre werden für deutliche Einschnitte sorgen, sagte der Bremer Sozialexperte Schmähl. "Heute Mus ein Durchschnittsverdiener bereits mehr als 25 Jahre lang Beiträge zahlen, bevor er eine Rente herausbekommt, die über dem Sozialhilfeniveau liegt." Im Jahr 2030 seien bereits mehr als 35 Beitragsjahre nötig. Das Rentenniveau wird mittel- bis langfristig sinken, warnt auch Axel Barsch-Span, Leiter des Mannheimer Forschungsinstituts für Ökonomie und demografischen Wandel. "In 25 bis 30 Jahren werden die Rentenbeiträge auf 22 Prozent steigen und die Rente um 18 bis 20 Prozent sinken", sagt er. Die Umstellung auf eine steuerfinanzierte Grundrente wäre indes auch nicht zu machen. "Die Umstellung würde 40 Jahre dauern - aber die Baby-Boom gehen schon in 20 Jahren in Rente", sagte er.
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