Der Tagesspiegel: Union und SPD kommen sich bei Arbeitsmarktpolitik näher
Berlin (ots)
Berlin - SPD und Union nähern sich bei der Arbeitsmarktpolitik einander an. Bei der Überprüfung der Instrumente der Bundesagentur für Arbeit (BA) etwa sei es "sinnvoll, die 80 teilweise vollkommen unübersichtlichen Förderprogramme zu straffen und wirksamer zu gestalten", sagte Unions-Fraktionsvize Ronald Pofalla dem "Tagesspiegel am Sonntag". Damit würden die Instrumente für Arbeitslose und Arbeitgeber transparenter, außerdem lasse sich Geld sparen. Auch der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner zeigt sich offen für die Vorschläge aus Nürnberg. "Es darf aber nicht auf Kosten der Weiterbildung gekürzt werden", schränkte er ein. Das würde sich langfristig rächen. Niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, wie sie die Union anstrebt, hält auch Brandner grundsätzlich für ein "positives Signal". Man dürfe es aber nicht überbewerten. Auch beim Thema Kombilohn, den die Union anstrebt, gibt es Annäherung. Brandner kann sich vorstellen, dass man gemeinsam die Vielfalt der bestehenden Kombilohn-Modelle zusammenführt. Die BA zahlt schon jetzt Lohnkostenzuschüsse und Eingliederungsgeld für Arbeitslose, um sie wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. In der Union räumt man ein, es gehe nicht darum, Kombilöhne neu zu erfinden - sondern darum, hier künftig mehr Geld zu investieren. Arbeitsmarktforscher halten von diesem Modell nichts. "Der Kombilohn ist in unserem Sozialsystem nicht machbar", sagt Hilmar Schneider, Direktor beim Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn. Das Problem: "Ein Kombilohn wäre nur dann wirksam, wenn die Grundsicherung radikal zusammengestrichen würde - das ist aber unrealistisch." Einen Anreiz zur Arbeit hätten Studien zufolge viele erst, wenn der Nettolohn doppelt so hoch liege wie die Sozialtransfers - "Lohnzuschüsse wären daher sehr teuer". Dieser Plan sei genauso schädlich wie das Vorhaben der SPD, einen Mindestlohn einzuführen. "Der würde das zu hohe Lohnniveau nur zementieren. Das führt alle bisherigen Reformen ad absurdum", sagte Schneider. Das beste Mittel für mehr Stellen seien ein Ausbau der Ein-Euro-Jobs und mehr Druck auf Arbeitslose. "Wer für die Leistung keine Gegenleistung erbringt, sollte noch eher mit der Kürzung seiner Bezüge rechnen müssen." Bei den Sozialbeiträgen glaubt der Arbeitsmarktchef des Essener Wirtschaftsinstituts RWI, Boris Augurzky, dass eine weit gehende Reduzierung möglich wäre. "Wenn man die unwirksamen Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik streicht, ist eine Senkung der Beiträge von 6,5 auf bis zu 3,5 Prozent drin", sagte er.
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