Der Tagesspiegel: Panne im Bundesinnenministerium
Unstimmigkeiten bei der Erfassung rechtsextremer Mordversuche werden nicht aufgeklärt
Fraktion der Linkspartei kündigt Debatte im Bundestag an
Berlin (ots)
Berlin - Wolfgang Schäuble (CDU) hat gerade das Amt des Bundesinnenministers angetreten, da leistet sich sein Haus eine Panne. Das Ministerium kann oder will nicht die Unstimmigkeiten aufklären, die es bei der Erfassung schwerer rechtsextremer Gewaltverbrechen gibt. Es geht um zwei versuchte Morde, die offenbar jahrelang der Öffentlichkeit verschwiegen wurden und erst jetzt, wie berichtet, nach einer Anfrage der Bundestagsabgeordneten Petra Pau (Linkspartei) der Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangten. Fragen des Tagesspiegels werden nur ausweichend beantwortet. Die Bundesregierung hatte Anfang November in ihrer Antwort für die Jahre 2001 bis 2004 insgesamt 32 versuchte Tötungsdelikte mit rechtsextremem Hintergrund aufgelistet. In den Jahresberichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist aber nur und ohne weitere Details von 30 einschlägigen Delikten die Rede. Die Differenz betrifft mit je einem Fall die Jahre 2001 und 2002. Wo diese Gewalttaten verübt wurden, welche Verletzungen die Opfer erlitten und wer die Täter waren, gibt das Ministerium nicht preis. In einer Antwort auf die vor einer Woche vom Tagesspiegel gestellten Fragen teilte das Ministerium allgemein mit, es könnten "erhebliche, teilweise auch über das Folgejahr hinausgehende, zeitliche Verschiebungen zwischen Tatzeitpunkt und Erfassung auftreten". Außerdem handele es sich bei den "Deliktsachen" um Ermittlungen der Länder, zu denen seitens der Bundesregierung "keine weiterführenden Darstellungen vorgenommen werden". Die Frage, warum in den Berichten des Verfassungsschutzes auch später noch in der Rückschau auf 2001 und 2002 weiterhin zwei Fälle nicht genannt wurden, blieb ebenfalls unbeantwortet. Die Verweigerung konkreter Auskünfte wird nun Thema in einer Sitzung des Bundestages. Petra Pau kündigte am Donnerstag an, die Fraktion der Linkspartei werde demnächst im Plenum von der Bundesregierung die Aufklärung des Vorgangs verlangen. Außerdem wolle die Fraktion eine weitere Kleine Anfrage stellen. Die bisherige Haltung des Bundesinnenministeriums stößt bei Pau auf Empörung: "Offensichtlich will das Ministerium auch unter neuer Führung die seit Jahren geübte Praxis, rechtsextreme Gewalt zu verschleiern und zu verharmlosen, weiter fortsetzen".
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