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Der Tagesspiegel: Berlin gegen Gesinnungstest für einbürgerungswillige Muslime, den Baden-Württemberg zum 1. Januar 2006 einführt

Berlin (ots)

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat
einen Gesinnungstest, wie ihn Baden-Württemberg zum 1.<TH>Januar für 
einbürgerungswillige Muslime einführt, als "populistisch" abgelehnt. 
Mit einem Fragebogen soll geprüft werden, ob sie auf dem Boden der 
Verfassung stehen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im
Bundestag, Wolfgang Bosbach, glaubt nicht, "dass man die Einbürgerung
verweigern kann", wenn dabei unerwünschte Antworten gegeben werden, 
sagte er dem Tagesspiegel.
Bosbach sagte dem Tagesspiegel, eine Gesinnung lasse sich auch nur 
schwer prüfen. Außerdem könne die Frage nach dem Schwimmunterricht 
nicht darüber entscheiden, ob jemand auf dem Boden der Verfassung 
stehe. "Trotzdem halte ich die Frage für legitim", sagte er. Bosbach 
würde den Fragebogen nicht bundesweit einführen wollen. Für nahezu 
ausgeschlossen hält er, dass Stuttgart Muslimen die 
Staatsbürgerschaft wieder aberkennen kann, wenn sie im Fragebogen 
falsche Angaben gemacht haben sollten.
Für Bayern ist eine Vorgehensweise wie in Baden-Württemberg kein 
Thema. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte dem Tagesspiegel, 
natürlich sei es wichtig und unumgänglich, im Einbürgerungsverfahren 
genau zu prüfen, ob ein Bewerber auf dem Boden der deutschen 
Verfassung stehe. Dafür nutze der Freistaat seit 30 Jahren die 
Regelanfrage beim Verfassungsschutz. <NO1>Damit sei man bisher "gut 
gefahren": und es gebe keine Pläne, weitergehende Verfahrenssweisen 
einzuführen.  "Wir sehen keinen Anlass für eine zusätzliche 
Befragung", sagte sie dem Tagesspiegel. Auch ein Sprecher des 
niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) sagte, einen 
solchen Fragenkatalog für eine bestimmte Gruppe gebe es nicht, und er
sei auch nicht geplant. Man vertraue auf die "sachgerechte Arbeit der
Einwanderungsbehörden".
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte dem Tagesspiegel, 
dass eingebürgert werde, wer sich zur freiheitlich demokratischen 
Grundordnung bekenne. Er warf Rech vor, mit dem Gesinnungstest den 
Unfrieden in Deutschland zu schüren. "Eine Regelung, die sagt wir 
müssen bei der Einbürgerung ein besonderes Auge auf Muslime werfen, 
ist diskriminierend." Er wies darauf hin, dass das 
Bundesverwaltungsgericht entschieden habe, dass in bestimmten Fällen 
die Befreiung vom Schwimmunterricht zulässig sei.
Die Oppositionsparteien im Bundestag betrachten den Vorstoß mit 
großer Skepsis. Der Stuttgarter Innenminister bewege sich mit dem 
Fragebogen verfassungsrechtlich auf dünnem Eis, sagte die 
rechtspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Sabine Leutheusser- 
Schnarrenberger, dem Tagesspiegel. Sie sieht den 
Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes durch den Test verletzt.
"Es übersteigt außerdem die Kompetenzen des Innenministers, einem 
Menschen aufgrund einer Verwaltungsvorschrift die Staatsbürgerschaft 
zu entziehen", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Die Aberkennung der
Staatsbürgerschaft sei eine komplizierte Frage und könne nicht so 
geregelt werden, wie nun in Baden-Württemberg. Leutheusser- 
Schnarrenberger kritisierte, dass die Bewertung des Fragebogens 
subjektiv sei und die Daten in einer "Gesinnungsdatei" gespeichert 
würden.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, 
Volker Beck, hält den Test für "fragwürdig und heuchlerisch". Das 
ganze erinnere ihn an die Kriegsdienstverweigererprüfung, sagte er 
dem Tagesspiegel. "Jeder kann über seine Gesinnung falsche Aussagen 
machen." Beck beklagte, dass Rech Muslime und Angehörige anderer 
Religionen mit zweierlei Maß bewerte. Er schlug vor, die Frage 
aufzunehmen, ob jemand die Gleichberechtigung von Homosexuellen 
befürworte. "Dann würde wahrscheinlich der Innenminister selbst 
durchfallen." Beck sieht eine Tendenz bei der Union, Muslime "unter 
Generalverdacht" zu stellen, gibt aber zu, dass die im Fragenkatalog 
angesprochenen Punkte gesellschaftliche Probleme seien.
Die Zitate sind bei Nennung der Quelle von sofort an zur 
Verwendung frei. Sollten Sie noch Fragen haben, wenden Sie sich bitte
an die Politikredaktion des Tagesspiegels, Telefon: 030/26009-389.

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Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
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