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Der Tagesspiegel: Steinbrück kritisiert deutsches Sozialmodell

Berlin (ots)

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat das
deutsche Sozialmodell scharf angegriffen. In einem Beitrag für den 
"Tagesspiegel am Sonntag" schreibt Steinbrück, soziale Gerechtigkeit 
werde in Deutschland immer noch mit der Höhe der Sozialtransfers 
gleichgesetzt. Steinbrück fordert ein Umsteuern von der Verteilungs- 
zur Chancengerechtigkeit: "Bei den Sozialausgaben liegen wir 
europaweit an der Spitze; bei den Ausgaben, die Chancengerechtigkeit 
fördern, sind wir nicht erfolgreich." Ein Beispiel hierfür sei das 
"im internationalen Vergleich wohl teuerste (und bürokratischste!) 
Bildungssystem", dem es dennoch nicht gelänge, Kindern aus sozial 
schwachen Milieus Zukunftschancen zu eröffnen. Gleichzeitig 
kritisiert Steinbrück die Sicht, "der Staat könne jede soziale 
Fehlentwicklung kurieren". Die Gesellschaft habe ein Recht darauf,  
"dass jeder das in seinen Kräften stehende tut, um auf Leistungen der
Allgemeinheit nicht angewiesen zu sein".
Die wichtigste Aufgabe des Staates sei es heute, jedem Bürger zu 
ermöglichen, ein selbst bestimmtes Leben zu führen, seine Fähigkeiten
zu entfalten und seine Existenz aus eigener Kraft zu sichern, 
schreibt Steinbrück. "Dazu müssen die Leistungen des Staates strikt 
an ihre Wirkungen gebunden werden: Was aktivierend wirkt, muss 
bleiben und kann sogar ausgebaut werden, wenn zugleich all das 
abgebaut wird, was zu Passivität und übertriebener Anspruchshaltung 
führt." Neben der Bildungspolitik, die Steinbrück mit "maximaler 
Geldeinsatz für minimale Effekte" charakterisiert, sei auch das 
Kindergeld eine Fehlinvestition. Die gut verdienenden Schichten 
bräuchten es nicht wirklich, um ihren Alltag zu meistern, während es 
auf der unteren Einkommensskala nicht verhindere, dass es dennoch zu 
"existenziellen Problemen" komme. Statt einer Verdopplung des 
Kindergeldes würde eine Verdopplung der Kinderbetreuungsplätze eher 
zu einem Anstieg der Geburtenrate in Deutschland führen, meint 
Steinbrück. Der Bundesfinanzminister plädiert für eine vorsorgende 
Politik, die den Menschen helfe "bevor sie ihren Job verlieren, bevor
sie in der Schule scheitern und bevor sie ihren Ausbildungsplatz 
verlieren". Weiter schreibt Steinbrück: "Wir müssen die Ursachen 
bekämpfen, anstatt mit hohem Aufwand an Symptomen herumzudoktern: Das
ist hilflos und teuer."
Bitte Sperrfrist beachten, inhaltliche Rückfragen an das Ressort 
Meinung unter: 030/26009-425

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
thomas.wurster@tagesspiegel.de

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