Der Tagesspiegel: Vor dem 1. Mai: Allianz aus Gewerkschaften, CDU und Intellektuellen fordert mehr Würde im Arbeitsleben
Berlin (ots)
In einer ungewöhnlichen Allianz haben IG-Metall-Chef Jürgen Peters, CDU-Arbeitsmarktexperte Karl-Josef Laumann und der Präsident des deutschen P.E.N.-Zentrums Johano Strasser vor den Kundgebungen zum 1. Mai mehr Würde im Arbeitsleben gefordert. "Die politische Klasse schwadroniert über Reformen, Innovationen und Zukunftsgestaltung", sagte IG-Metall-Chef Peters dem "Tagesspiegel am Sonntag" kurz vor dem "Tag der Arbeit". Wenn mehr als fünf Millionen Menschen "in die Arbeitslosigkeit und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, dann ist das würdelos", sagte er. In einer Arbeitsgesellschaft gehörten "gute Arbeit und menschliche Würde untrennbar zusammen". Er warf der Regierung "Verfassungsbruch" vor, weil gegen den Verfassungsauftrag - "die Würde des Menschen ist unantastbar" - in dieser Gesellschaft verstoßen werde.
Auch Karl-Josef Laumann, CDU-Arbeitsminister in Nordrhein-Westfalen, sagte der Zeitung: "Wenn bei uns fünf Millionen Menschen arbeitslos und so von der Teilhabe an Arbeit ausgeschlossen sind, dann ist das ein Problem." Das Motto der diesjährigen Kundgebungen "Deine Würde ist unser Maß", das der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ausgegeben hat, begrüßte er daher. "Das Motto ist mir sehr sympathisch, es entspricht den Kernsätzen der christlichen Soziallehre", sagt Laumann, der auch Chef der christdemokratischen Arbeitnehmerschaft CDA ist.
Der SPD-Altlinke Johano Strasser sieht den DGB damit auf dem Weg aus der Materialismusfalle. "Gewerkschaften und SPD haben sich ziemlich lange in einer Materialismusfalle befunden", also sich zu stark auf Einkommen konzentriert, sagte Strasser, der auch Präsident des deutschen Schriftstellerverbandes P.E.N. Zentrums ist, dem "Tagesspiegel am Sonntag". Es sei immer nur um ein paar Prozent mehr in der Tasche gegangen. "Das ist falsch, denn die Menschen regen sich vor allem über ungerechte Verteilung auf", sagte er kurz vor dem 1. Mai. "Freiheit und Gleichheit gehören zusammen. Nur so können sich alle als Bürger eines Staates verstehen."
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