Der Tagesspiegel: Vermisster Patient tot in Klinik gefunden
Fälle in Berliner Krankenhäusern lösen Debattte aus über Qualität und Sicherheit
Berlin (ots)
Berlin - Der Fund der Leiche eines vermissten Patienten im Berliner Vivantes- Klinikum hat zu einer Debatte über Sicherheitsvorkehrungen für Patienten und scharfer Kritik an den Zuständen in Krankenhäusern geführt. Bereits am Dienstag dieser Woche wurde der Fall eines Rollstuhlfahrers bekannt, der 80 Stunden lang im Fahrstuhl des Benjamin- Franklin-Klinikums gefangen war. Am Donnerstagnachmittag wurde der 63-jährige Vivantes-Patient im Technikraum der Klinik in Neukölln von einem Mitarbeiter gefunden. Der unter Demenz leidende Mann war seit vergangener Woche wegen Verdachts auf Herzinfarkt in der Klinik behandelt worden. Zuletzt wurde er in der Nacht zu Freitag gesehen.
"Was jetzt in Berlin geschehen ist, das ist kein Einzelfall, sondern könnte in fast jedem größeren deutschen Krankenhaus genauso passieren", sagte Wolfram Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP), dem Tagesspiegel. Das liege zum einen daran, dass in allen stationären Einrichtungen, also Krankenhäuser, Pflege- und Altenheimen, in den vergangenen Jahren massiv Personal abgebaut worden sei. "Die Pfleger und Schwestern, aber auch die Ärzte sind überlastet, so dass heutzutage Fehler unterlaufen, die früher nicht so schnell möglich gewesen wären", sagte Candidus weiter.
Berlins Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei/PDS) forderte von den Kliniken "umgehende und umfassende Aufklärung", wie es zu dem Todesfall und der dreitägigen Gefangenschaft im Klinikfahrstuhl kommen konnte. Die Krankenhausaufsicht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales werde von Vivantes und Charité Stellungnahmen fordern, sagte Knake-Werner dem Tagesspiegel. Die Senatorin verlangt von den Kliniken Antworten unter anderem auf die Fragen: "Wie konnte der Patient in den Technikraum gelangen? Wie werden Klinikfahrstühle überwacht?" Ganz könne man "tragische Einzelfälle" wie die se aber nie ausschließen, sagte Knake-Werner: "In einem Krankenhaus hält man sich freiwillig auf, das kann man nicht wie ein Gefängnis sichern."
Gesundheitspolitiker der Berliner Regierungsparteien SPD und PDS sehen dennoch die Kliniken in der Pflicht, besser für die Sicherheit ihrer Patienten zu sorgen. "Wir müssen die Krankenhausträger sensibilisieren, dass sie zum Beispiel regelmäßig ihre Fahrstühle kontrollieren und ihr Personal auf potenzielle Gefahren durch nicht abgeschlossene Technikräume hinweisen", sagte Andreas Pape, gesundheitspolitischer Sprecher der Berliner SPD. "Die Kliniken müssen ihre Sicherheitsmaßnahmen überdenken und sicherstellen, dass zum Beispiel demenzkranke Patienten erkannt und angemessen betreut werden", sagte Ingeborg Simon (PDS).
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: Lutz Haverkamp, Der Tagesspiegel, Ressortleiter Redaktion Politik Telefon: 030-260 09-218
Rückfragen bitte an:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de
Original content of: Der Tagesspiegel, transmitted by news aktuell