Der Tagesspiegel: Opposition darf bei der Bahn mitreden - Regierung vereinbart Gespräche mit FDP und Grünen zum Börsengang
Berlin (ots)
Die Bundesregierung geht bei der Frage, wie die Deutsche Bahn privatisiert werden soll, auf die Oppositionsparteien zu. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wurde nach Informationen des "Tagesspiegel" persönlich damit beauftragt, ein Treffen mit Vertretern der FDP und der Grünen zu vereinbaren. "Uns ist daran gelegen, dass die Entscheidungen auf einer breiten Informationsbasis gefällt werden", heißt es nun in einem Schreiben vom Chef des Bundeskanzleramts, Thomas de Maizière, an den FDP-Fraktions- und Parteichef Guido Westerwelle, das dem "Tagesspiegel" (Sonnabendausgabe) vorliegt. Die Regierung werde "über Zeitpunkt und Form der Privatisierung in enger Abstimmung mit dem Deutschen Bundestag" entscheiden. Dem Vernehmen nach ist ein Brief an Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn gleich lautend.
Ende September will die Regierung zusammen mit Bundestag und Bundesrat eine grundsätzliche Entscheidung darüber fällen, wie und wann die Deutsche Bahn privatisiert werden soll. Tiefensee wird jetzt offenbar von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stärker in die Pflicht genommen, an einem Kompromiss zu arbeiten. Das Gesprächsangebot an die Opposition geht auf Schreiben zurück, die von den beiden Fraktionschefs an Merkel geschickt worden waren. In dem Brief des FDP-Vorsitzenden Westerwelle, der dem "Tagesspiegel" vorliegt, wird nicht ausdrücklich ein Gespräch mit Tiefensee angeregt, sondern lediglich eine Abstimmung auf Staatssekretärsebene oder mit der Arbeitsgruppe der Koalitionsfraktionen.
FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich sagte dem "Tagesspiegel": "Jetzt hat Tiefensee aus dem Kanzleramt die klaren Anweisungen bekommen, das Parlament und die Opposition einzubeziehen." Friedrich bestätigte, dass die FDP bei der Bahnprivatisierung zu einem Kompromiss bereit wäre. Man sei zwar "nach wie vor davon überzeugt, dass nur die konsequente Trennung von Schienennetz und Transportbetrieb die beste Lösung wäre". Die FDP könne aber auch - "unter klaren Voraussetzungen" - ein Eigentumsmodell mittragen. Auch Westerwelle hatte in seinem Schreiben an Merkel angemerkt, dass er die Trennung favorisiere. Es zeichne sich aber ab, "dass dieser Weg derzeit politisch keine Mehrheit findet", heißt es dort. Deshalb käme die Eigentumslösung in Betracht. Bei diesem Modell bleibt das Schienennetz weiterhin zu 100 Prozent im Besitz des Bundes. Allerdings wird die Bahntochter DB Netz AG damit beauftragt, das Netz und die Investitionen in die Infrastruktur weiterhin zu managen.
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