Der Tagesspiegel: Volker Schlöndorff über Günter Grass und sein Erinnerungsbuch "Beim Häuten der Zwiebel"
Berlin (ots)
Volker Schlöndorff, Oscar-prämierter Regisseur der "Blechtrommel", nimmt Günter Grass' umstrittene Jugendmemoiren "Beim Häuten der Zwiebel" in Schutz. In einem im Tagesspiegel (Donnerstags-Ausgabe) abgedruckten Brief an den Schriftsteller zeigt er Verständnis für dessen Art und Weise, wie er Erlebtes erinnert. "Du als Autor unterwirfst Dein eigenes Erzählen wie sonst das Deiner fiktiven Helden dem einzigen Dir heiligen Gesetz, nämlich dem der Kunst", schreibt der 67-jährige Regisseur. "Und wenn dabei ein durch lebenslange Arbeit entstandenes öffentliches Monument zu Bruch geht, so kannst Du dafür nicht." Schlöndorff wünscht Grass, dass er es als "große Befreiung" empfinden möge, "nie mehr vom Sockel oder ex cathedra sprechen zu müssen und endlich selbst die Narrenfreiheit Deiner erfundenen Helden zu haben." Der Regisseur, der sich 1996 in seiner Michel-Tournier-Verfilmung "Der Unhold" selbst mit der Verführbarkeit der NS-Jugend auseinandersetzte, schreibt über das umstrittene Kapitel, in dem Grass von seiner Zeit bei der Waffen-SS erzählt, es lese sich "wie ein böses Märchen. Aber Grass ist kein Bruder Grimm, eher ein Grimmelshausen, dem es beim Schreiben über den Krieg vor allem um den Schrecken geht".
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