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Der Tagesspiegel: Liberale im Europaparlament kritisieren große Koalition in Berlin

Berlin (ots)

Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im
Europaparlament, der Brite Graham Watson, sieht die große Koalition 
in Berlin als Hindernis für einen echten Streit unter den im 
EU-Parlament vertretenen Parteien. Watson sagte dem "Tagesspiegel" 
(Mittwochausgabe), die große Koalition in Berlin habe den 
Negativeffekt einer zu engen Zusammenarbeit zwischen den beiden 
deutschen Chefs der großen Fraktionen im Europaparlament, dem 
Christdemokraten Hans-Gert Pöttering und dem Sozialdemokraten Martin 
Schulz. "Das bremst die normale Entwicklung des Europaparlament", 
kritisierte Watson. Die Liberalen sind mit 89 Mitgliedern nach den 
Fraktionen der christdemokratisch-konservativen EVP und den 
Sozialdemokraten die drittstärkste Kraft im Europaparlament.
Mehr als ein Vierteljahrhundert nach den ersten Direktwahlen zum 
Europaparlament müsse die Kammer dazu übergehen, "ideologische 
Mehrheiten" anstelle einer großen Koalition aus Christdemokraten und 
Sozialdemokraten zu bilden, sagte Watson. Traditionell arbeiten 
Christdemokraten und Sozialdemokraten im Europaparlament eng 
zusammen. Nach einer Absprache zwischen den beiden Fraktionen soll 
Anfang kommenden Jahres, in der Mitte der laufenden 
Legislaturperiode, ein Christdemokrat den derzeit amtierenden 
Parlamentspräsidenten Josep Borrell aus dem Lager der 
Sozialdemokraten ablösen. EVP-Fraktionschef Pöttering gilt als 
Favorit für den Posten. Watson kritisierte, dass Pöttering sich den 
von den Liberalen gewünschten internen Reformen des Parlaments 
verschließe. Nach der Ansicht des Liberalen muss das EU-Parlament 
künftig schneller auf aktuelle Ereignisse reagieren. Als Beispiel 
nannte er das Eingeständnis von US-Präsident George W. Bush, dass der
Geheimdienst CIA Terrorverdächtige in ausländischen Gefängnissen 
festgehalten habe.
Watson forderte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso auf, mehr 
"politischen Mut" zu zeigen. Wenn es Barroso nur darum gehe, sich 
eine zweite fünfjährige Amtszeit zu sichern, "wird er große Probleme 
mit dem Europaparlament bekommen", kündigte der Liberale an.
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622 
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