Der Tagesspiegel: Pharmahersteller: Forscher führen die Öffentlichkeit beim Thema Stammzellen in die Irre
Berlin (ots)
Berlin - Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat die Forderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) nach einer Änderung des Stammzellgesetzes zurückgewiesen - und den Forschern vorgeworfen, aus Eigeninteresse falsche Erwartungen für die Entwicklung neuartiger Medikamente geweckt zu haben. "Man hat die Öffentlichkeit in die Irre geführt", sagte der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstagsausgabe). "Man sollte nicht so tun, als hänge das Heil der Patienten an der Forschung mit embryonalen Stammzellen."
"Im Wecken von Hoffnungen auf kürzeste Zeiträume für die Behandlung bisher nicht therapierbarer Erkrankungen" habe man Bürgern und Politikern "eindeutig" etwas vorgemacht, sagte Wegener. Aus Pharma-Sicht sei die Verarbeitung embryonaler Stammzellen "heute nicht relevant". Medizinisch sei davon "nur in ganz wenigen Bereichen etwas zu erwarten" - etwa bei der Unterstützung von Keimbahntherapien, die aber gesellschaftlich bisher nicht akzeptiert seien. Und kurzfristig sei "die Hoffnung auf neuartige Therapien sowieso verfehlt". Bis ein Arzneimittel alle Genehmigungsprozesse durchlaufen habe, vergingen mindestens zehn Jahre.
Anders verhalte es sich mit den ethisch unproblematischeren, adulten Stammzellen - für die keine Embryonen getötet werden müssen. Aus diesem Bereich kämen "die wesentlichen Ansätze für neue Therapien". Hier hätten sich die Hoffnungen "durchaus erfüllt", sagte Wegener - und widersprach damit dem DFG-Präsidenten Ernst-Ludwig Winnacker, der das Gegenteil behauptet hatte. Adulte Stammzellen seien "für die Arzneimittel-Industrie wirklich bedeutsam". Und der Nutzen für Patienten sei viel höher, weil es bei der Behandlung nicht zu "Abstoßungs- und anderen schwerwiegenden Reaktionen" komme wie bei embryonalen Stammzellen.
Den Druck der Forscher beim Thema embryonalen Stammzellen führte der BPI-Vorsitzende darauf zurück, dass in diesem Bereich die "experimentelle Breite" größer sei - "also auch die Möglichkeiten, Gelder zu erhalten und Neues zu publizieren". Bei den Forderungen nach einer Änderung des Stammzellgesetzes gehe es "zu 75 Prozent auch um das Eigeninteresse, das Ego der Forscher". Allerdings habe sich Forschung "innerhalb der gesellschaftlich akzeptierten Rahmenbedingungen abzuspielen".
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