Der Tagesspiegel: Wirtschaftsminister stellt sich gegen Klimaschutz
Berlin (ots)
Während sich die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) international als Klimaschützerin profiliert, streitet die Regierung zu Hause über die Details. Auf Druck der beiden Stromkonzerne Vattenfall und RWE kämpft Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit Unterstützung großer Teile der Unionsfraktion sowie der Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg für eine Bevorzugung der klimaschädlichen Braunkohleverstromung im deutschen Zuteilungsplan für die Emissionshandel. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat vorgeschlagen, die Emissionsrechte anhand zweier technischer Zielwerte (Benchmarks) vorzunehmen. Steinkohlekraftwerke sollen mit 750 Gramm pro Kilowattstunde ausgestattet werden, Gaskraftwerke mit 365 Gramm. Die modernsten Braunkohlekraftwerke stoßen derzeit 950 Gramm CO2 pro Kilowattstunde aus. Andreas Jung, Klimapolitiker der Unionsfraktion, sagte dem Tagesspiegel, man müsse die Sondersituation in Ostdeutschland berücksichtigen. Dort wird Strom überwiegend aus Braunkohle hergestellt, die Unionsfraktion habe deshalb Sympathie für einen eigenen Braunkohle-Benchmark. Der grüne Bundestagsabgeordnete Reinhard Loske sagte dagegen, ein Braunkohle-Benchmark sei "unvereinbar mit den auf dem EU-Gipfel vereinbarten Zielen und ein schwerer Schlag gegen die klimapolitische Glaubwürdigkeit Deutschlands". Die Klimaexpertin der Umweltorganisation WWF, Regine Günther, sagte, schon zwei Benchmarks setzten "die absolut falschen Anreize". Wenn jetzt in Kohlekraftwerke investiert werde, lege sich Deutschland für 40 bis 50 Jahre - so lange laufen die Anlagen - auf eine klimaschädliche Stromversorgung fest, anstatt rechtzeitig in erneuerbare Energien zu investieren. Klimaziele und das konkrete Handeln "müssen zusammen gedacht werden". Auch der FDP-Landesvorsitzende in Berlin, Frank Löning, hat "Bedenken" gegen einen Braunkohle-Benchmark. Der SPD- Klimaexperte Frank Schwabe sagte: "Am Ende ist das eine Verteilungsfrage." Wenn Vattenfall und RWE zwischen 30 und 45 Millionen Tonnen CO2 mehr zugeteilt bekämen, müsse man der Deutschen Bahn oder den anderen Stromversorgern mehr Zertifikate wegnehmen. Auch im Umweltministerium heißt es: "Es ist wie beim Kindergeburtstag. Wenn man den einen größere Stücke vom Kuchen gibt, muss anderen kleinere Stücke geben."
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