Der Tagesspiegel: Ex-RAF-Terrorist Dellwo: Morde waren unmenschlich Ex-Bundesinnenminister Baum: RAF nicht auf bloße Gewaltfantasien reduzieren
Berlin (ots)
Berlin - Das ehemalige RAF-Mitglied Karl-Heinz Dellwo hat die Morde der Terrorgruppe als "unmenschlich" bezeichnet. Dellwo, der am Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm im April 1975 beteiligt war, sagte in einem Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag", er akzeptiere, "dass unsere Handlungen Folgen für uns haben mussten". Er trage am Tod der beiden Botschaftsgeiseln wie jedes Kommandomitglied "die gleiche, ungeteilte Schuld". Die RAF habe nicht von einer Gegengesellschaft und Gegenmoral reden können, "wenn dies Geiselerschießungen und somit die vollständige Verdinglichung von Menschen beinhaltet". Die Todesnacht von Stammheim, in der sich die RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe umbrachten, nannte Dellwo "Selbstmord unter staatlicher Aufsicht". Es gebe genügend Gründe davon auszugehen, "dass jemand im Staatsapparat über die Waffen im Trakt und die Selbstmordabsicht informiert war. Zuschauen bedeutet dann aber auch Ausdruck des Wunsches: Sie sollen tot sein". Dellwo, der insgesamt 21 Jahre in Haft saß, lebt seit 1995 wieder in Freiheit.
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat vor einer Schieflage in der aktuellen Debatte über die RAF gewarnt. Baum schreibt in einem Beitrag für den "Tagesspiegel am Sonntag", die RAF dürfe nicht "auf bloße Gewaltfantasien und die Lust zu morden reduziert werden". Sie sei ein "radikalisiertes Zerfallsprodukt der linken Protestbewegung" gewesen, sogar noch in ihrer Spätphase in den 80er Jahren habe sie sich ihre Opfer gezielt ausgesucht. Es habe nie das "Erschießen von Systemvertretern" allein als Mordparole gegeben. Baum nannte die Äußerungen Dellwos "wichtig für die aktuelle RAF-Debatte".
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