Erzbischof Heße beendet Reise nach Kenia
Bonn (ots)
Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), hat gestern Abend (8. Juni 2024) seine einwöchige Solidaritätsreise zu Geflüchteten in Kenia beendet. "Auf meiner Reise konnte ich mit zahlreichen Schutzsuchenden aus Ostafrika ins Gespräch kommen: Menschen aus dem Südsudan, Somalia und der Demokratischen Republik Kongo, aus Burundi, Uganda und Ruanda. Sie berichteten von gewaltsamen Konflikten und schweren Menschenrechtsverletzungen in ihren Heimatländern. Allein in Kenia leben aktuell rund 800.000 Flüchtlinge. Die Herausforderungen sind groß, aber es gibt auch eine enorme Hilfsbereitschaft", so Erzbischof Heße.
In der kenianischen Hauptstadt Nairobi erörterte er mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Sebastian Groth, mit Vertreterinnen des Hohen Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) sowie mit Ansprechpartnern der kenianischen Zivilgesellschaft und deutscher politischer Stiftungen Probleme und Lösungsansätze im Bereich des Flüchtlingsschutzes. Im Fokus standen dabei der Rückgang internationaler Hilfsleistungen und die Kürzung der Lebensmittelrationen auf weniger als die Hälfte, Hürden beim Zugang zu Bildung und Arbeit sowie Spannungen zwischen Geflüchteten und der Aufnahmegesellschaft. Ebenfalls diskutiert wurden aktuelle Bemühungen der kenianischen Regierung, die Flüchtlingslager zu regulären Siedlungen weiterzuentwickeln und langfristige Integrationsperspektiven zu schaffen.
Bei Begegnungen mit dem Erzbischof von Nairobi, Erzbischof Philip Subira Anyolo, dem kenianischen Migrationsbischof, Bischof Henry Juma Odonya, und Caritas-Mitarbeitern bekam Erzbischof Heße einen Einblick in die Arbeit der Ortskirche: "Die katholische Kirche übernimmt in Kenia eine wichtige Rolle bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten. Gemeinsam mit internationalen Partnern setzt sie sich dafür ein, dass die Bedürfnisse von Geflüchteten gesehen werden, und sie in Würde leben können. Im wirtschaftlich benachteiligten Stadtteil Githurai erzählten mir sowohl Flüchtlinge als auch Einheimische, dass die kirchliche Unterstützung für sie überlebensnotwendig ist. Ähnliches wurde mir auch im Kangemi-Slum geschildert. Ich bin dankbar für die Lebensgeschichten, die die Menschen mit mir geteilt haben, und für die vielen kirchlichen Hilfsinitiativen."
In Gesprächen mit dem Apostolischen Nuntius in Kenia und im Südsudan, Erzbischof Hubertus Matheus Maria van Megen, und einem Vertreter der Vereinigung der ostafrikanischen Bischofskonferenzen (AMECEA) informierte sich der Sonderbeauftragte zudem über die angespannte Lage in der Region. "Die in Europa geführten Diskussionen, den Flüchtlingsschutz noch stärker als bisher in den Globalen Süden auszulagern, wirken hier vor Ort besonders befremdlich. In ganz Ostafrika leben über fünf Millionen Flüchtlinge, hinzu kommen 18 Millionen Binnenvertriebene. Wir dürfen die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auf Länder abschieben, die ohnehin schon stark belastet sind. Fluchtbewegungen fordern uns global heraus. Gerade deshalb brauchen wir auch globale Lösungen", stellte Erzbischof Heße fest.
Eine weitere Station der Reise war das Turkana County im Nordwesten Kenias, eine von Trockenheit und Dürre geprägte Gegend, in der sich das Flüchtlingslager Kakuma befindet. "Das Leben in Turkana ist von bitterer Armut und ökologischen Widrigkeiten gezeichnet. Es ist für die Flüchtlingshilfe hier von großer Bedeutung, die harte Lebenswirklichkeit der Menschen im Blick zu behalten und auch die lokale Bevölkerung zu unterstützen", betonte Erzbischof Heße. Aktuell haben allein in Kakuma etwa 300.000 Schutzsuchende Zuflucht gefunden. Im Flüchtlingslager konnte die Delegation verschiedene Projekte des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (JRS) und der Salesianer Don Boscos besuchen: "Es erfüllt mich mit Dankbarkeit und Demut, dass die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, trotz aller leidvollen Erfahrungen den Lebensmut nicht verloren haben. Inmitten der Not habe ich Inseln der Hoffnung gesehen: eine Bildungs- und Hilfseinrichtung für behinderte Kinder, einen 'sicheren Hafen' für Opfer sexueller Gewalt, eine mit einfachsten Mitteln aufgebaute Schule, in der mit Begeisterung unterrichtet und gelernt wird. In Zusammenarbeit mit dem UNHCR und weiteren Stellen leisten die kirchlichen Organisationen einen entscheidenden Beitrag dazu, dass Wunden allmählich heilen und Menschen einen Neufanfang wagen können."
Zusammen mit dem Generalvikar des Bistums Lodwar, das die Turkana-Region umfasst, besuchte Erzbischof Heße auch ein provisorisches Lager für Binnenvertriebene: "Eine Frau erzählte mir, dass sie in den vergangenen Jahren mehrmals ihr Zuhause verloren hat. Extreme Dürreperioden und Überschwemmungen wechseln sich in einer bis vor Kurzem ungekannten Intensität ab. Die Menschen in dieser Region werden um ihre natürlichen Lebensgrundlagen gebracht, die Auswirkungen des Klimawandels sind mit Händen greifbar."
Sowohl in Nairobi als auch in Lodwar hatte Erzbischof Heße die Gelegenheit, sich mit Stipendiaten und Absolventen des Katholischen Akademischen Ausländer-Dienstes (KAAD) auszutauschen. Themen waren dabei die Situation somalischer Flüchtlinge, geschlechtsspezifische Gewalt gegen Geflüchtete, klimainduzierte Migration sowie Ansätze einer nachhaltigen Landwirtschaft angesichts des Klimawandels, die Friedensarbeit zwischen verfeindeten ethnischen Gruppen und Good Governance auf regionaler Ebene. "Das vielfältige Engagement der KAAD-Stipendiaten in Kenia hat mich beeindruckt. Motiviert durch ihren Glauben setzen sie sich mit akademischem Sachverstand und praktischer Expertise für gesellschaftliche Verbesserungen ein. Sie sind wirklich Salz der Erde", so der Sonderbeauftragte.
Während seiner Reise feierte Erzbischof Heße mehrere Gottesdienste mit Gläubigen aus Kenia und weiteren ostafrikanischen Ländern: "Besonders bewegend war für mich der Gottesdienst, den ich mit Hunderten von Schutzsuchenden im Lager Kakuma feiern durfte. Viele der Menschen, denen ich begegnet bin, haben alles hinter sich gelassen und auf der Flucht traumatische Erfahrungen gemacht. Von dieser Last war in den Gottesdiensten nichts zu spüren. Die ansteckende Freude, mit der die Menschen gesungen, getanzt, gebetet und gefeiert haben, nehme ich mit nach Hause. Gleichzeitig verbindet sich mit dieser Erfahrung auch ein klarer Appell: Verschließen wir nicht die Augen vor der Not der Schutzsuchenden in Ostafrika! Die Menschen haben Anspruch auf unsere Solidarität und Unterstützung!"
Hinweise:
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Informationen zur Reise sind unter www.fluechtlingshilfe-katholische-kirche.de unter Reise nach Kenia verfügbar.
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