Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Türkei: Schwere Vorwürfe gegen Erdogan
Schwere Vorwürfe gegen Erdogan: Türkischer Präsident will mit Angriffen auf Kurden vor den Wahlen punkten
--- Göttingen, 12. Juni 2018 --- Kurz vor den Wahlen in der Türkei warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor einer Eskalation der Gewalt gegen Kurden innerhalb und außerhalb des Landes. "Ohne Rücksicht auf die Gesundheit und das Leben von vielen tausend Zivilisten zettelt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan neue Kriege gegen die Kurden an. Offenbar will er seine Anhänger noch vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 24. Juni mit neuen Siegen beeindrucken", kritisierte der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Dienstag in Göttingen.
Nach dem völkerrechtswidrigen militärischen Einmarsch in der nordsyrischen Kurdenregion Afrin greift das türkische Militär jetzt seit Tagen Stellungen der verbotenen kurdischen PKK im Grenzgebiet zum Irak und Iran an. Dabei werden auch Kampfflugzeuge und Drohnen eingesetzt. Das türkische Militär spricht von sechs getöteten "Terroristen" und "16 angegriffenen terroristischen Stellungen". Kurdische Quellen hingegen berichten von friedlichen Dörfern, die immer wieder Ziele der türkischen Luftwaffe werden.
In der Türkei selbst gibt es immer mehr Angriffe auf Mitglieder und Büros der oppositionellen prokurdischen HDP-Partei. Erdogan-treue Islamisten und türkische Rechtsextremisten zerstören Werbestände der HDP, während türkische Sicherheitskräfte meist tatenlos zusehen. Allein in der vergangenen Woche gab es tätliche Übergriffe auf die HDP in Gaziantep, Ceylanpinar, Istanbul, Bursa, Bolu, Antalya, Manisa, Ankara und Hatay.
Die HDP ist nicht nur die Partei der Kurden in der Türkei. Sie ist auch die Partei der unterdrückten, benachteiligten Volksgruppen sowie der Frauen. So ermöglicht die HDP christlichen Assyro-Aramäern, Aleviten, Yeziden und Armeniern über ihre Wahllisten ins Parlament zu kommen. Auf der Liste der HDP befindet sich auch der afrikastämmige Politiker Yalçin Yanik. "Das ist ein absolutes Novum in der Türkei", sagen viele Beobachter. Yanik kandidiert im Wahlbezirk Izmir. Seine Vorfahren sollen vor knapp 200 Jahren als Sklaven in das damalige Osmanische Reich gebracht worden sein, um auf Baumwollplantagen zu arbeiten. Allein in der Westtürkei leben knapp 100.000 Nachfahren dieser Menschen. Das Thema Sklaverei wird in der Türkei bis heute weitestgehend tabuisiert. Von geschichtlicher Aufarbeitung oder der Übernahme von Verantwortung kann keine Rede sein.
Der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido ist erreichbar unter Tel. 0173 67 33 980
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