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Afrin unter türkischer Besatzung: Menschenrechtler ziehen eine verheerende humanitäre und wirtschaftliche Bilanz

Ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Afrin halten türkische Truppen die kurdische Region in Nordsyrien weiter besetzt. Die humanitären und wirtschaftlichen Auswirkungen der Besatzung sind erschütternd: Hunderte Zivilisten wurden getötet, tausende verhaftet und hunderttausende vertrieben. Zugleich wurden zehntausende Olivenbäume verbrannt und Ölpressen zerstört oder abtransportiert. Der wichtigste Wirtschaftszweig liegt damit am Boden. Die Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen wird den Geflüchteten die Rückkehr in ihre Heimat zusätzlich erschweren.

Ein Jahr nach dem völkerrechtswidrigen Angriff auf Afrin halten türkische Truppen die kurdische Region in Nordsyrien weiter besetzt. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist schockiert über die humanitären und wirtschaftlichen Auswirkungen der Besatzung: "Das türkische Militär und von der Türkei unterstützte Islamisten haben eine Spur der Verwüstung durch die Region gezogen", so Sido heute in Göttingen. "Die Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind nur durch die Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und Duldung der NATO-Staaten möglich."

Übereinstimmenden Berichten von "Afrinpost" und Menschenrechtlern zufolge sind die humanitären Auswirkungen erschütternd: Seit Beginn der Besatzung am 18. März 2018 sollen mindestens 225 Zivilsten getötet und 17 weitere zu Tode gefoltert worden sein. 467 Zivilisten wurden verletzt, weitere 2500 verhaftet. "Mindestens 300.000 Kurden aus Afrin befinden sich auf der Flucht, viele in den Flüchtlingslagern in Schahba im Norden von Aleppo. Diese sind von der Außenwelt nahezu vollständig abgeschnitten", berichtet Sido, der in ständigem Kontakt mit Informanten in Nordsyrien steht.

Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Region und ihre Bewohner sind verheerend: Seit der Besatzung sollen etwa 120.000 Olivenbäume abgeholzt und von türkischen Offizieren und syrisch-islamistischen "Warlords" als Brennholz verkauft worden sein. Weitere 20.000 Olivenbäume wurden verbrannt. Rund ein Drittel der ursprünglich 325 Olivenpressen und 18 von 26 Olivenverarbeitungsfabriken wurden zerstört oder entfernt. Die Erlöse aus diesem besonders wichtigen Wirtschaftszweig sanken im Vergleich zum Vorjahr 2017 um etwa 109 Millionen Dollar. Von den 32 Hektar Waldfläche in Afrin wurden etwa zehn Hektar von den Besatzern verbrannt. Von 1.100 Fabriken und Manufakturen wurden 770 zerstört, geplündert oder zum Weiterverkauf abgebaut, über 70 Prozent der Lederverarbeitungsfabriken wurden zerstört oder geplündert. Zehntausende Schafe, Ziegen und Kühe wurden geschlachtet oder abtransportiert. Geflügelarms wurden zerstört oder geplündert. Die Verluste in diesem Wirtschaftssektor werden auf 25 Millionen Dollar geschätzt.

Flucht und Vertreibung zeigten sich auch deutlich in der Bevölkerung Afrins: "Ein Jahr nach Beginn der Besatzung sind alle Armenier und die etwa 1200 kurdischen Christen geflohen. Der Anteil der Kurden an der Bevölkerung sank von 96 auf unter 35 Prozent", erklärt Sido. Auch Heiligtümer der Yeziden und der Aleviten sowie historische Ruinen wurden zerstört oder geplündert. Von 325 Schulen in der Region wurden 70 zerstört oder in Kasernen und Gefängnisse umwandelt. "Die Türkei beabsichtigt eine Assimilierung und Zwangsislamisierung Afrins. Die Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen wird den Geflüchteten die Rückkehr in ihre Heimat zusätzlich erschweren", mahnt der Nahostexperte.

Sie erreichen Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0551 4990618.

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