Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Kriminalisierung von Regierungskritikern in Äthiopien
Äthiopiens Rückfall in die Diktatur
Regierung setzt auf Repression statt Dialog
----- Göttingen, den 3. Juli 2020 ---- Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Äthiopiens Umgang mit Oppositionspolitikern und kritischen Journalisten scharf kritisiert und der Regierung einen Rückfall in Zeiten der Diktatur vorgeworfen. Äthiopiens Regierung setze auf eine Kriminalisierung der Kritiker statt auf politischen Dialog, erklärte die Menschenrechtsorganisation. So würden die am letzten Dienstag inhaftierten einflussreichen Oromo-Aktivisten und -Politiker Jawar Mohammed und Bekele Gerba heute dem Haftrichter vorgeführt. Auch dem erst im Februar 2018 aus der Haft freigekommenen Journalisten und Blogger Eskinder Nega drohe erneut eine langjährige Gefängnisstrafe. Die GfbV forderte die Freilassung der festgenommenen Journalisten und Politiker. "Ihre Inhaftierung schürt nur die Spannungen im Land und zeigt, dass Äthiopiens Regierung der politische Wille fehlt zu einer Demokratisierung und zur Lösung von Konfikten durch Verhandlungen", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen.
Die Kriminalisierung seiner Kritiker und Konkurrenten sei auch ein Offenbarungseid für Premierminister und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed, der die politischen Gefangenen Gerba und Nega erst im Februar 2018 begnadigte. Nega war im Jahr 2012 in einem unfairen Gerichtsverfahren zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Für Pressefreiheit arbeitende Organisationen in aller Welt hatten sich für seine Freilassung eigesetzt. Gerba war im Dezember 2015 festgenommen worden und kam auch durch eine Amnestie im Februar 2018 frei. Jawar Mohammed war ein langjähriger Mitstreiter des Premierministers und gilt heute als sein größter Kritiker und Konkurrent.
Den Festgenommenen drohen lange Haftstrafen, weil ihnen vorgeworfen wird, die öffentliche Ordnung zu gefährden und Unruhen ausgelöst zu haben, die zum Tod zahlreicher Menschen führten. "Wir sind in großer Sorge um das Leben und die Gesundheit der Inhaftierten. Denn Misshandlung und Folter sind in Äthiopiens Gefängnissen weit verbreitet", erklärte Delius.
Die drei prominenten Kritiker des Premierministers waren am letzten Dienstag festgenommen worden, nachdem es nach der Ermordung des populären Oromo-Sängers Hachalu Hundessa zu öffentlichen Protesten und Unruhen gekommen war.
Ulrich Delius ist zu erreichen unter Tel. 0160/95671403
GfbV, 37010 Göttingen