Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
75 Jahre Nürnberger Prozesse (20.11.): USA müssen unter Biden internationale Strafjustiz stärken
75 Jahre Nürnberger Prozesse (20.11.):
- USA sollten unter Biden internationale Strafjustiz stärken
- Waren nie Mitglied im Vertragswerk des Internationalen Strafgerichtshofes
- Haben IStGH aber u.a. bei der Verfolgung des sudanesischen Machthabers Omar al-Bashir unterstützt
Anlässlich des 75. Jahrestages des Beginns der Nürnberger Prozesse, am 20. November 1945, fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Rückkehr der Vereinigten Staaten zu internationalen Vertragswerken und Institutionen. "Unter Präsident Trump haben sich die USA aus dem Pariser Klimaabkommen, der Weltgesundheitsorganisation und dem UN-Menschenrechtsrat zurückgezogen. Wir hoffen, dass Joe Biden seinen Ankündigungen aus dem Wahlkampf Taten folgen lässt und sich die Vereinigten Staaten wieder stärker international engagieren", sagte Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung am heutigen Donnerstag in Göttingen.
"Wenn die neue Regierung zeigen will, dass sie ihr Bekenntnis zum Multilateralismus ernstmeint, müssen die USA auch wieder mit dem Internationalen Strafgerichtshof kooperieren. Dies wäre auch ein wichtiges Zeichen für ein Bekenntnis zum Völkerstrafrecht", so Schedler. Nur durch gemeinsame Regelwerke ließen sich internationale Konflikte eindämmen und schwerste Menschenrechtsverletzungen bekämpfen. Die amtierende US-Regierung unter Donald Trump hatte im September 2020 die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag, Fatou Bensouda, sowie einen weiteren Mitarbeiter des IStGH mit Sanktionen belegt. Außenminister Mike Pompeo bezeichnete die Institution als "korrupt". Ein halbes Jahr zuvor hatte der IStGH von Fatou Bensouda beantragte Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen des US-Militärs in Afghanistan erlaubt.
Die USA waren nie Mitglied im IStGH-Vertragswerk, dem sich derzeit 123 Staaten angeschlossen haben. In der Obama-Ära, als Biden Vizepräsident war, hatten die USA einen Beobachterstatus beim IStGH. "Dabei sollte wir nicht vergessen, dass die USA selbst unter Obamas Vorgänger George W. Bush trotz dessen Abneigung gegen den IStGH eine wichtige Rolle im Fall des langjährigen sudanesischen Machthabers Omar al-Bashir gespielt haben", erinnert Schedler. "Im Jahr 2005 hatten die USA als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates dazu beigetragen, dass der IStGH wegen der Verbrechen in Darfur gegen al-Bashir ermitteln und im Jahr 2009 einen internationalen Haftbefehl ausstellen konnte." Der Fall al-Bashir wurde vom UN-Sicherheitsrat an den IStGH verwiesen. Nach dem Sturz al-Bashirs im April 2019 hat die Übergangsregierung eine Kooperation mit dem IStGH angekündigt. "Es gibt also auch unterhalb eines - wünschenswerten - Beitritts zum IStGH Möglichkeiten für die Biden-Regierung, den Strafgerichtshof zu unterstützen", erklärt Schedler.
Ein Beitritt der USA zum IStGH wäre nur möglich, wenn der US-Senat dem zustimmt. Vor den Stichwahlen um die beiden Senatssitze im US-Bundesstaat Georgia, am 5. Januar 2021, hat die dem Multilateralismus eher feindlich gegenüberstehen Republikanische Partei 50 Sitze im Senat, die Demokraten haben 48. "Wenn die USA dem Erbe der Nürnberger Prozesse gerecht werden und ein Zeichen gegen schwere und schwerste Kriegsverbrechen, Verbrechen die Menschlichkeit und Völkermord setzen wollen, sollten sie die internationale Gerichtsbarkeit stärken, statt dem Isolationismus zu verfallen."
Sie erreichen Hanno Schedler unter h.schedler@gfbv.de oder 0551/49906-15.
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