Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Umweltzerstörung und Corona in Brasilien: Keine Aussicht auf Verbesserung für Indigene
Umweltzerstörung und Corona in Brasilien:
- Amtsenthebungsverfahren nach Neuwahl der Vorsitzenden beider Parlamentskammern chancenlos
- Damit keine Aussicht auf Verbesserung der Lage indigener Völker in den nächsten zwei Jahren
- Massiv gestiegene Umweltzerstörung, verheerende Corona-Lage
Nach den landesweiten Protesten der vergangenen Wochen ist es dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wohl gelungen, eine mögliche Amtsenthebung abzuwenden. Nach der Neuwahl der Vorsitzenden beider Parlamentskammern am vergangenen Montag erscheint der Prozess chancenlos. „Für Indigene bedeutet das: Keine Aussicht auf Verbesserung in den nächsten zwei Jahren“, fasst Juliana Miyazaki, Referentin für indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker, die Entwicklung zusammen. „Die aggressive Ausweitung der Wirtschaft wird auf absehbare Zeit weiter den fundamentalen Menschenrechten, indigenen Landrechten sowie dem Umwelt- und Klimaschutz übergeordnet.“
Bolsonaros Kurs ermutige illegales Eindringen in indigene Territorien, das in direktem Zusammenhang mit Umweltzerstörung stehe. Diese Invasionen hätten seit seiner Amtsübernahme um 135 Prozent zugenommen, die Abholzung der Regenwälder hätte ein Rekordniveau erreicht und es gebe dreizehnmal mehr Waldbrände auf indigenen Gebieten. „Es gibt auch signifikant mehr Bergbau auf indigenem Land: Offizielle Anträge dafür sind unter Bolsonaro um 91 Prozent gestiegen“, berichtet Miyazaki. „Obwohl das rechtlich gar nicht möglich ist, gibt es aktuell 58 genehmigte Bergbauanträge auf indigenem Land im Amazonasgebiet. Allein im Gebiet der Yanomami sind derzeit über 20.000 illegale Goldsucher aktiv.“
Diese Eindringlinge zerstörten nicht nur den Lebensraum und die Lebensgrundlage der Indigenen, sie seien auch in wichtiges Einfallstor für das Coronavirus. Laut einer Studie des Instituto Socio-Ambiental könne ein einziger Eindringling 1600 Indigene infizieren. „Die Pandemie hat zudem den institutionellen Rassismus gegen die indigene Bevölkerung Brasiliens deutlich zum Vorschein gebracht“, so Miyazaki. „Der nationale Impfplan des Gesundheitsministeriums schloss mehr als die Hälfte der Indigenen aus. Indigene Gemeinschaften berichten außerdem von evangelikale Pastoren, die Indigenen von der Impfung abraten. Falsche Informationen werden über das Radio verbreitet und sind dadurch leider sehr effektiv.“
Die indigene Bevölkerung ist überproportional stark von der Pandemie betroffen. Laut einer landesweiten serologischen Studie haben Indigene ein fünfmal höheres Risiko, sich mit dem Virus zu infizieren, als die weiße Bevölkerung. Die Sterberate war im Dezember 2020 um 16 Prozent höher als bei der Durchschnittsbevölkerung. Vorbeugende Maßnahmen gegen Infektionskrankheiten sind durch die Lebensumstände vieler Indigener, die in großen Familien und auf engem Raum leben, nur begrenzt umsetzbar. Gleichzeitig mangelt es oft an sauberem Wasser und sanitärer Infrastruktur.
Sie erreichen Juliana Miyazaki unter j.miyazaki@gfbv.de oder 0551/49906-23.
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