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Namibischer Präsident bei Steinmeier (8.10.): „Neues Kapitel“ in der Aufarbeitung des Genozids an den Ovaherero und Nama gefordert

Anlässlich des Deutschlandbesuchs des namibischen Präsidenten Nangolo Mbumba appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hinsichtlich der Aufarbeitung des Genozids an den Ovaherero und Nama (1904 – 1908), „ein neues Kapitel aufzuschlagen“. „Die rechtliche Aufarbeitung des Genozids in Namibia stagniert. Das deutsch-namibische Versöhnungsabkommen ist fast drei Jahre nach seinem Zustandekommen noch immer nicht in Kraft“, kritisiert Laura Mahler, GfbV-Referentin für Subsahara-Afrika. „120 Jahre nach dem Vernichtungsbefehl gegen die Ovaherero und Nama ist es an der Zeit, die Aufarbeitung endlich voranzubringen“, betont Mahler vor dem Treffen von Steinmeier und Mbumba am heutigen Dienstag (8.10.).

In dem Versöhnungsabkommen aus dem Jahr 2021, der sogenannten „Joint Declaration“, habe die Bundesregierung den Völkermord zwar als solchen benannt, jedoch lediglich Ausgleichszahlungen im Rahmen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit versprochen. Dabei handele es sich „nicht um rechtliche Folgen im Sinne von Reparationszahlungen, sondern lediglich um die Fortführung von Entwicklungsgeldern. Deshalb, und weil sie an der Aushandlung des Abkommens nicht beteiligt wurden, kritisieren Verbände von Ovaherero und Nama das Abkommen scharf“, heißt es in einem Brief an den Bundespräsidenten.

Die Einbeziehung von Betroffenen sei aber auch deshalb schwierig, weil die Vertreter der Ovaherero und Nama teilweise von der namibischen Politik selbst nicht anerkannt werden. Hier gehe es um die Benachteiligung der beiden Bevölkerungsgruppen im eigenen Land, so Chemwi Mutiwanyuka von der Kampagne „Völkermord verjährt nicht“. Es handele sich um ein heikles, aber umso wichtigeres Thema bei der Aufarbeitung des Genozids. „Nutzen Sie Ihr Treffen mit dem namibischen Präsidenten und setzen Sie sich entschlossen für einen Neuanfang der Gespräche unter Beteiligung der Nachfahren der Betroffenen ein“, appelliert Mahler.

Dies sei auch mit Blick auf den geplanten Ausbau der Wasserstoffproduktion in Namibia, an dem auch Deutschland beteiligt ist, von großer Bedeutung. Es bestehe die Gefahr, dass auf dem Rücken der Nama und Ovaherero koloniale Politik fortgesetzt werde, erklärt Mahler. „Keine Entscheidung über uns – ohne uns“ sei die zentrale Forderung führender Vertreter der Nama in Bezug auf die Ausbaupläne, die in ihrem angestammten Gebiet durchgeführt werden sollen. Für Besorgnis und Fragen sorgte vor allem die drohende Beschädigung der Halbinsel Shark Island in ǃNamiǂNû (früher Lüderitz) durch den Ausbau des angrenzenden Hafens. Dort befand sich unter deutscher Kolonialherrschaft ein Konzentrationslager, in dem 1000 bis 3000 Nama und Ovaherero ums Leben kamen.

„Wir fordern Bundespräsident Steinmeier auf, sich bei dem Treffen mit Präsident Mbumba für die Beteiligung der Nama und Ovaherero an allen relevanten Prozessen gemäß dem Prinzip des Free, Prior and Informed Consent (FPIC) einzusetzen. Die Produktion von grünem Wasserstoff darf nicht auf dem Rücken der Ovaherero und Nama geschehen. Deutschland muss Gelder für eine weitere Erforschung des Konzentrationslagers, des Meeresbodens und der Umgebung zur Verfügung stellen. Zudem müssen die Landrechte auf Shark Island und des Nationalparks Tsau // Aeb geklärt werden“, fordert die Referentin für Subsahara-Afrika.

Sie erreichen Laura Mahler unter l.mahler@gfbv.de oder 0551/49906-27.

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