Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Bolivien: Machtkämpfe in der Regierungspartei gehen zulasten indigener Rechte und der Umwelt
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor den Auswirkungen der anhaltenden politischen Spannungen in Bolivien auf die indigenen Gemeinschaften und die Umwelt. „Die Konflikte zwischen den politischen Akteuren lenken von den drängenden sozialen und ökologischen Problemen des Landes ab und bringen Bolivien an den Rand einer Krise“, sagt Jan Königshausen, GfbV-Referent für Indigene Völker. „Indigene Gemeinschaften und Völker leiden besonders stark unter den politischen Spannungen und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Ihre Lebensgrundlagen sind in Gefahr, da ihre Rechte aufgrund der politischen Auseinandersetzung noch weniger Beachtung finden.“
In Bolivien haben sich die Machtkämpfe innerhalb der Regierungspartei MAS in den vergangenen Wochen verschärft. Es kommt immer wieder zu landesweiten Straßenblockaden und Protesten. Am Sonntag, 27. Oktober, kam es mutmaßlich zu einem Anschlag auf das Fahrzeug des ehemaligen Präsidenten Evo Morales. Die Regierung wirft ihm vor, den Vorfall inszeniert zu haben.
Die GfbV fordert die bolivianische Regierung eindringlich auf, den Schutz der Rechte der indigenen Bevölkerung sowie die dringenden ökologischen und sozialen Herausforderungen ins Zentrum ihrer Politik zu stellen. „Solange die politischen Entscheidungsträger die Machtkämpfe über die Zukunft des Landes stellen, bleibt Bolivien von einer Lösung seiner schwerwiegenden Probleme weit entfernt“, mahnt Königshausen. „Die Führung des Landes muss jetzt ihren Kurs ändern, um eine inklusive und nachhaltige Zukunft zu ermöglichen, in der indigene Rechte und die Erhaltung der Natur an erster Stelle stehen.“
Bolivien ist mit einer indigenen Bevölkerung von 48 Prozent das Land mit dem größten indigenen Bevölkerungsanteil in Lateinamerika. Die linke MAS-Partei zu der sowohl Präsident Luis Arce als auch der ehemalige Präsident Evo Morales gehören, war einst mit dem Anspruch angetreten, nicht nur die soziale und wirtschaftliche Teilhabe der Bevölkerung zu verbessern, sondern auch die Rolle des Landes als bloßer Rohstofflieferant zu überwinden und den schädlichen Extraktivismus einzuschränken. Doch das Land bleibt von einer echten Abkehr vom extraktiven Wirtschaftsmodell weit entfernt. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen geschieht vor allem auf Kosten der Umwelt und der indigenen Bevölkerung.
Sie erreichen Jan Königshausen unter j.koenigshausen@gfbv.de oder 0551/49906-14.
Hinweis: Wir schreiben das „Indigen“ in „Indigene Völker“ groß, um den kulturellen und historischen Kontext dieser Bezeichnung zu würdigen. Durch die Großschreibung werden der spezifische Status der Völker, ihre Einzigartigkeit sowie ihre kollektiven Rechte betont. Im Gegensatz zur kleingeschriebenen Form, die „indigen“ als allgemeines Adjektiv für „einheimisch“ oder „ursprünglich“ nutzt, verweist die Großschreibung auf das Selbstverständnis dieser Gemeinschaften als Völker mit besonderen kulturellen Identitäten und Rechten, wie sie in internationalen Abkommen, wie der UN-Deklaration über die Rechte der Indigenen Völker, festgelegt sind.
Gesellschaft für bedrohte Völker Pressereferat Sarah Neumeyer Postfach 2024 D-37010 Göttingen Tel.: +49 551 499 06-21 Fax: +49 551 580 28 E-Mail: presse@gfbv.de www.gfbv.de Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status bei den UN und mitwirkendem Status beim Europarat