Forum Moderne Landwirtschaft e.V.
Landschaftspflege ohne Landwirtschaft?
Bauern auf dem Weg vom Produzenten zum Dienstleister
Berliner Gespräch: Leistungsorientierte Honorierung gefordert
Berlin (ots)
"Nur durch Landwirtschaft wird Land zur Kultur-Landschaft". Mit dieser Botschaft begrüßte Dr. Jürgen Fröhling, Geschäftsführer der Bonner Fördergemeinschaft nachhaltige Landwirtschaft (FNL), gestern (14. Oktober 2004) zahlreiche Gäste aus Politik, Wissenschaft und Agrarwirtschaft zum 6. Berliner Gespräch in der Berliner Landesvertretung Sachsen-Anhalt.
Diese Kulturleistung ist nach Fröhlings Worten akut gefährdet, denn die Landwirtschaft in Deutschland befindet sich auf dem Rückzug. Jeden Tag gehen rund 100 Hektar Acker- Grün- und Weideflächefläche verloren. Das entspricht etwa zwei bis drei Höfen durchschnittlicher Größe, die zumeist dem Städtebau weichen müssen oder schlichtweg aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden.
Szenarien, nach denen weite Teile bislang landwirtschaftlich genutzter Fläche künftig verbuschen oder verwildern, sind demnach nicht gänzlich unrealistisch. Vor diesem Hintergrund, so Fröhling, werde die landschaftspflegerische Leistung der Landwirte derzeit nicht ausreichend gewürdigt: "Während kulturelle Einrichtungen wie Opernhäuser und Theater in Deutschland mit jährlich rund sieben Milliarden Euro gefördert werden, erhalten die Landwirte für ihren Kulturbeitrag der Landschaftspflege weniger als ein zwanzigstel dieser Summe", betonte Fröhling.
Eine individuell differenzierte und leistungsorientierte Honorierung dieser Tätigkeiten forderte im Podiumsgespräch auch Professor Dr. Christina von Haaren vom Institut für Landschaftspflege und Naturschutz der Universität Hannover: "Es reicht nicht aus, wenn EU-Fördergelder in identischer Höhe an Betriebe gezahlt werden, die in der Praxis sehr unterschiedliche Leistungen für den Landschafts- und Naturschutz bringen", kritisierte die Wissenschaftlerin.
Dagegen betonte Dr. Karl Otto Keer, Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern, dass mit der jüngsten Argrarreform der Europäischen Union die Weichen bereits richtig gestellt seien. "Landschaftspflege und Naturschutz haben jetzt eine wesentlich höhere Verbindlichkeit als bisher", stellte Keer klar. Darüber hinaus bleibe der Vertragsnaturschutz wichtigstes Ziel künftiger Landwirtschaftspolitik. Dabei können Landwirte mit Ländern oder Kommunen individuelle Vereinbarungen über Leistungen und Preise auf dem Gebiet der Landschaftspflege treffen.
Auf dem Weg vom Nahrungsmittelproduzenten zum Dienstleister sah denn auch Adrian Hoppenstedt die deutschen Landwirte. Der Präsident des Bundes deutscher Landschaftsarchitekten versteht die Bauern in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch in der gesellschaftlichen Funktion von Bewahrung "heimatlicher" und charakteristischer Umgebung für die Menschen: "Das ist eine Herausforderung, der sich Landwirte und Gesellschaft noch stärker als bisher stellen müssen."
Dass dies bereits in erheblichem Umfang geschehe, betonte dazu Udo Folgart, Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg: "Die Landwirte der Region stellen sich schon seit langem auf die neue Zeit ein." Die Landschaftspflege müsse gleichberechtigt neben den klassischen Aufgaben des Ackerbaus und der Viehzucht stehen. Umwelt- und Naturschutz könnten durchaus zum zweiten Standbein vieler Landwirtschaftsbetriebe werden.
Zuvor jedoch gelte es, die klassischen Potentiale der Landwirtschaft zu nutzen. Dabei gab sich der brandenburgische Bauernpräsident bei der FNL optimistisch: "Das gemäßigte Klima in unseren Breiten sowie die weiter wachsende Weltbevölkerung und das politische Interesse der EU, auch im Umfeld der Globalisierung eigenständige europäische Landwirtschaft dauerhaft zu garantieren, bieten günstige Voraussetzungen für eine auch künftig lebensfähige Landwirtschaft."
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