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Börsen-Zeitung: Es muss was faul sein, Kommentar von Jürgen Schaaf zu den Äußerungen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zur Mindestlohndebatte in Deutschland

Frankfurt (ots)

Gerne ermahnt Jean-Claude Trichet sich und sein
Kollegium zur "verbalen Disziplin". Im Bewusstsein, dass die Worte 
von Notenbankern viel Unruhe und mitunter Schaden anrichten können, 
sofern sie nicht sorgsam durchdacht geäußert werden, plädiert der 
Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) im Zweifel für 
Zurückhaltung. Dass er sich jetzt in Berlin zu dem in Deutschland 
Raum greifenden Mindestlohn dezidiert geäußert hat, ist daher so 
ungewöhnlich wie bemerkenswert. Wenn Trichet öffentlich zu 
wirtschaftspolitischen Fehlentwicklungen in einem Mitgliedsland der 
Währungsunion derart klar Position bezieht, dann muss was faul sein 
in dem betreffenden Staate!
In seiner Rede bei einer europapolitischen Tagung des "Konvents 
für Deutschland" in Berlin hat Trichet vor den 
arbeitsmarktpolitischen Folgen von Mindestlöhnen ebenso gewarnt wie 
vor einem Zurückdrehen der Reformen in Deutschland. Und in der Tat 
basiert der jüngste Aufschwung der deutschen Volkswirtschaft, von dem
die ganze Eurozone profitiert, zu einem wesentlichen Teil auf den 
marktwirtschaftlichen Reformen am Arbeitsmarkt. Die deutlich 
gesunkene Arbeitslosigkeit in Deutschland nährt zudem die Hoffnung, 
dass sich der exportgetriebene Aufschwung mit einer höheren 
Beschäftigung und damit mehr Konsumenten über die 
Binnenmarktnachfrage selbst tragen kann.
Die Pläne der Bundesregierung, dem (Ex-)Monopolisten Post einen 
Mindestlohn für die gesamte Branche zu gönnen, um diesem seine 
ungeliebten Wettbewerber vom Leib zu halten, und das Vorhaben des 
Koalitionspartners SPD, den Mindestlohn noch auf andere Bereiche 
auszudehnen, sind jedoch das genaue Gegenteil des freiheitlichen 
Geistes der Agenda 2010. Stattdessen werden mit sozialistischen 
Instrumenten der Wettbewerb behindert und Tausende Arbeitsplätze im 
Bereich der Geringverdiener gefährdet. Das ist Planwirtschaft wie aus
dem Lehrbuch.
Trichets Kritik belegt zweierlei: Zum einen droht die 
arbeitspolitische Rolle rückwärts das Wachstumspotenzial Deutschlands
- und damit auch der Eurozone - zu reduzieren. Diese Bedrohung ist 
real. Zum Zweiten enttarnt seine Kritik die Behauptung, dass der 
Mindestlohn in anderen Ländern Europas erfolgreich und etabliert sei,
als das, was sie ist: barer Unfug.
(Börsen-Zeitung, 6.12.2007)

Pressekontakt:

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Redaktion

Telefon: 069--2732-0

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