Börsen-Zeitung: Angst, Kommentar von Frank Bremser zur Lage an den internationalen Finanzmärkten am ersten Handelstag des Jahres 2008
Frankfurt (ots)
Angst essen Seele auf - der Titel des Filmes von Rainer Werner Fassbinder beschreibt treffend, was am ersten Handelstag des Jahres 2008 an den internationalen Finanzmärkten passiert ist. Nach einem noch freundlichen Start im Aktienhandel ging es Schlag auf Schlag: Die Wall Street ging auf Tauchstation, und die europäischen Aktienmärkte folgten ihrem amerikanischen Vorbild. Zusätzlich durchbrachen die Preise für Gold und Öl ihre Rekordmarken. Die geradezu mythischen 100 Dollar für ein Barrel der US-Leichtölsorte WTI und 850 Dollar für eine Feinunze Gold sind gefallen.
Doch was ist eigentlich passiert? Marktteilnehmer sind es gewöhnt, dass die ersten Tage eines neuen Jahres sehr volatil sind, da nur wenige Spieler am Markt sind. Aber die wenigen, die bereits aus ihrem Weihnachts- und Silvester-Urlaub zurück sind, kannten anscheinend nur eine Gefühlsregung: Angst. Etwa Angst vor einer Rezession in den USA, die durch schwache Konjunkturdaten geschürt wurde. Oder Angst vor einer Ausweitung der geopolitischen Spannung nach der Ermordung der pakistanischen Politikerin Benazir Bhutto.
Auch beim Öl war Angst einer der Gründe für den Kurssprung. Die Angst vor Versorgungsengpässen aufgrund wieder aufkeimender Gewalt in Nigeria und Algerien. Und wer ist immer der Gewinner, wenn an den Märkten Furcht herrscht und gleichzeitig der Dollar auf Talfahrt ist? Gold.
Ist diese Angst berechtigt? Ja. Aber was hat sich eigentlich am 2.Januar 2008 im Vergleich zum 28. Dezember 2007 geändert, dass es zu solchen Turbulenzen kommt? Nichts. Die Subprime-Krise in den USA hat die Investoren risikofeindlicher und sehr viel vorsichtiger werden lassen. Jede Meldung wird an den Märkten genauestens darauf hin abgeklopft, ob sie auf eine Rezession hindeuten könnte. Aber dass es der US-Wirtschaft nicht mehr allzu gut geht, wissen die Anleger auch nicht erst seit gestern. Dass die politische Lage in Ländern wie Pakistan, Nigeria oder dem Irak angespannt ist, hat auch keinen Neuigkeitswert mehr.
Aber der erste Handelstag des Jahres deutet an, was den Anlegern 2008 bevorsteht. Denn Angst essen nicht nur Seele, sondern auch Verstand der Investoren auf. Das noch junge Jahr wird ein Jahr für Mutige. Wer schwache Nerven hat, sollte den Märkten 2008 fern bleiben.
(Börsen-Zeitung, 3.1.2008)
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