Börsen-Zeitung: Vollsortimenter VW, Kommentar zur VW-Mehrheit bei Scania von Gottfried Mehner
Frankfurt (ots)
Von einer schlüssigen Lkw-Strategie war bei VW in den vergangenen acht Jahren wenig zu sehen. Dabei geht es wohlgemerkt nicht um das Transporter-Segment. Hier kam VW zuletzt mit der T5-Baureihe auf Marktanteile in Deutschland von 50,8%, in Westeuropa von 24,4% und weltweit von 7,2%. Das ist sehr respektabel, obwohl die Rendite mit 1,2% (Zahlen von 2006) recht mickrig ausfiel. Aber VW wollte ja zum "Vollsortimenter" werden, also nicht nur im Bereich der Transporter und Stadtlieferwagen herumkurven, sondern auch den Bereich der mittelschweren und schweren Lkw abdecken.
Nachdem Brüssel im Jahr 2000 die innerschwedische Paarung Volvo-Scania wegen rekordhoher Marktanteile in Skandinavien blockiert hatte, griff VW - damals noch mit dem umtriebigen Ferdinand Piëch an der Spitze - zu und übernahm für 3,2 Mrd. DM (nicht Euro) einen Stimmenanteil von 34% an Scania. Scania gilt mit einer avancierten Modulstrategie als Benchmark im Bereich der schweren Trucks. Piëch wollte damals mit Scania gemeinsam in die mittelschwere Klasse einsteigen. Ein Prototyp soll angeblich gebaut worden sein. Dann verlief die weitere Entwicklung aber irgendwie im Sande, obwohl sich Piëch und Scania-Lenker Leif Östling bereits kannten, als Piëch noch bei Audi war. Mit einer Kapitalrendite von 35% hätte VW aber dieses Engagement auch als reine Finanzbeteiligung endlos durchhalten können.
Ansonsten tauchen Lkw bei Volkswagen nur als reine Insellösung in Brasilien auf. Zu Zeiten der Autolatina mit Ford waren hier gemeinsam Pkw und Lkw gebaut worden. Als sich die Wege von VW und Ford dann wieder trennten, sorgte Ignacio Lopez mit seinem "Consórcio Modular" dafür, dass VW bei Lkw und Bussen weiter mitreden konnte. Das ist wirklich geglückt. 2003 eroberte VW in Brasilien die Marktführerschaft bei Lkw und gab sie nicht mehr ab. Zuletzt lag der Marktanteil bei 31,1%.
Nach einer achtjährigen Pause geht es jetzt weiter. VW hat sich bei Scania mit 68,6% die Stimmenmehrheit verschafft. Aber ohne dass MAN im mittleren Bereich ins Bild kommt, kann man von einer Gesamtstrategie noch nicht sprechen, vor allem weil man in Nordamerika unverändert nicht präsent ist. Im Augenblick ist das zwar kein Fehler. Aber es bleibt Stückwerk.
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