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Börsen-Zeitung: Bernanke gibt Richtung vor Kolumne "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn^.

Frankfurt (ots)

Die Stimmung am deutschen Aktienmarkt hat sich
gedreht. Waren sich die Anleger noch vor kurzem weitgehend einig, 
dass in Sachen Finanzkrise das Schlimmste überstanden ist, so ist sie
nun wieder präsent - was sich auch in den zeitweise starken Verlusten
der Bankentitel zeigte. In den USA ist mittlerweile deutlich 
geworden, dass sich nach Bear Stearns mit Lehman Brothers eine 
weitere prominente Investmentbank in Schwierigkeiten befindet. Das 
Beispiel zeigt, dass es im Rahmen der Krise immer mal wieder zu 
ernsten Situationen kommen kann.
Von fast noch größerer Bedeutung für den Stimmungswandel ist die 
Tatsche, dass die wenig erfreulichen Inflationsaussichten und die zu 
erwartenden Reaktionen der Notenbanken auf den Radarschirm der 
Marktteilnehmer geraten sind - bislang waren sie weitgehend übersehen
worden, weil es vielen Marktteilnehmern als wenig wahrscheinlich 
erschien, dass die Fed in Zeiten einer Flaute die Zinsen erhöht.
Die Hinwendung der Akteure zur trüben Realität erschien dringend 
geboten. In der gerade beendeten Börsenwoche ist nämlich deutlich 
geworden, dass Fed-Chairman Ben Bernanke einen grundlegenden Schwenk 
vollzogen hat, womit er auch dem Aktienmarkt eine neue Richtung 
vorgegeben hat. Er stellt jetzt eindeutig die Gefahren der 
Geldentwertung in den Mittelpunkt, womit er sich der Position von 
Jean-Claude Trichet, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank 
(EZB), annähert.
Die Analysten der Commerzbank glauben gar an eine Absprache von 
Bernanke und Trichet, habe doch der Amerikaner mit seinen Bemerkungen
eine Formulierung Trichets aufgegriffen: Die Fed werde sich der 
Erosion der langfristigen Inflationserwartungen entgegenstellen. 
Damit ist klar, dass die Fed keine andere Wahl hat, als die 
Geldentwertung zu bekämpfen - trotz der schwierigen konjunkturellen 
Lage.
Die Bemerkungen Bernankes trafen auf einen überkauften 
Aktienmarkt, was die zeitweise deutlichen Reaktionen am Aktienmarkt 
erklärt. Die Akteure stellen sich auf Zinsanhebungen ein, die früher 
kommen als bisher avisiert. Die Commerzbank geht inzwischen davon 
aus, dass die Fed bereits im Herbst an der Zinsschraube dreht und um 
25 oder gar 50 Basispunkte (BP) anhebt. Der reguläre 
Zinserhöhungsprozess werde dann im Frühjahr beginnen, wird vermutet. 
Und was die europäische Seite betrifft, so hat Trichet klar gemacht, 
dass die EZB bereits im Juli den Leitzins hochsetzen könnte.
Dies ist aber nur eine der Gefahrenquellen. Hinzu treten die 
hinlänglich bekannten Risiken wie die US-Konjunkturschwäche und vor 
allem die Hausse an den Energiemärkten, die inzwischen ein Ausmaß 
erreicht hat, bei dem spürbare Rückwirkungen auf das 
Wirtschaftswachstum sehr wahrscheinlich sind. Zuletzt sind die 
Gefahren am Freitag deutlich geworden, als der US-Index des 
Verbrauchervertrauens niedriger als von den Ökonomen der 
Wall-Street-Häuser prognostiziert hereinkam.
Von Seiten der Energiepreise ist indes wenig zu erkennen, was 
Entlastung bringen könnte. Zwar hat sich der Ölpreis von seinem 
jüngsten Rekord wieder etwas entfernt. Nach Einschätzung der 
Rohstoffanalysten von Barclays sind die Fundamentalfaktoren, die den 
Ölpreis nach oben getrieben haben, aber weiterhin am Werk: zu nennen 
sind vor allem die starke Energienachfrage aus den Schwellenländern 
und das enttäuschende Niveau der Ölförderung außerhalb der 
Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec).
Für den Aktienmarkt bedeutet all dieses, dass in nächster Zeit 
nicht mit einer deutlichen und nachhaltigen Erholung zu rechnen ist. 
Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg beispielsweise gehen 
davon aus, dass es in den nächsten Wochen zu einer Seitwärtsbewegung 
kommen wird, in deren Rahmen der Dax zwischen 6500 und 6700 Punkten 
schwankt. Auch wenn der Dax die Handelswoche im Windschatten der Wall
Street mit einem Tagesgewinn und somit einer versöhnlichen Note 
beendet hat, sieht es nicht danach aus, als dass die freundliche 
Stimmung bald an den Aktienmarkt zurückkehrt.
(Börsen-Zeitung, 14.6.2008)

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