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Börsen-Zeitung: Börsen unter Zugzwang, Kommentar zu alternativen Handelsplattformen von Christopher Kalbhenn

Frankfurt (ots)

Die Gelassenheit, die die alteingesessenen
europäischen Börsen bislang zur Schau stellten, wenn sie nach dem 
Risiko durch die alternativen Handelsplattformen befragt wurden, ist 
nun endgültig als Schauspielerei entlarvt. Die Unruhe, ja Angst, die 
die neue Konkurrenz verursacht, belegt die Flucht nach vorne, für die
sich die London Stock Exchange entschieden hat, die in Kooperation 
mit Lehman Brothers eine alternative Plattform aufzieht. Auch das 
Vorhaben der Deutschen Börse, den eigenen Handelsstart um eine halbe 
Stunde vorzuverlegen, ist eine Reaktion auf den drohenden Wettbewerb.
Die Börsenbetreiber geraten unter Zugzwang. Im Unterschied zu 
früheren Herausforderern wie Jiway oder Virt-X, die allesamt 
gescheitert sind, bedeuten die aktuellen Neueinsteiger eine echte 
Gefahr. Insbesondere Chi-X bringt die alten Monopole ins Wanken. Die 
Marktanteile, die die Plattform mittlerweile erzielt, sind 
beachtlich. Gestern lag z.B. der Anteil von Chi-X am Handel in den 
FTSE100-Titeln bei 13%.
Auch wenn es sich bei den Umsätzen von Chi-X zu einem großen Teil 
um Geschäft handelt, das aus dem außerbörslichen Bereich kommt, ist 
die reale Gefahr für die traditionellen Börsen unübersehbar. Denn 
Chi-X wächst kontinuierlich und eilt von Rekord zu Rekord. Hinzu 
kommen die weiteren Herausforderer, die noch vor der Tür stehen. Dazu
zählt insbesondere die von großen Investmentbanken getragene 
Plattform Turquoise, die ihren Start jetzt auf Mitte August 
vorverlegt hat.
Dass nun gerade die Londoner Börse eine eigene alternative Plattform 
aufziehen will, ist kein Wunder. Schließlich ist sie nicht breit 
aufgestellt, sondern weitestgehend auf den Aktienhandel fokussiert. 
Bei der Deutschen Börse, deren Hauptergebnisträger der boomende 
Terminhandel ist, trägt die Kassahandelssparte dagegen nur rund 10% 
zum Ergebnis bei.
Allerdings müssen noch die daran hängenden Beiträge des 
Marktdatengeschäfts sowie der Nachhandelsdienstleistungen 
hinzugerechnet werden. Hinzu kommt, dass auch für den Terminhandel 
alternative Plattformen in Planung sind. Gelassenheit ist daher auch 
aus Sicht der Deutschen Börse nicht angesagt. Der Rutsch ihrer Aktie,
die gestern mit 73,69 Euro erneut ein Jahrestief erreicht und seit 
dem Ultimo 2007 rund 46% eingebüßt hat, sagt zu diesem Thema alles.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0

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