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Börsen-Zeitung: Rette sich, wer kann! Kommentar zum Rettungspaket von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Das Rettungspaket ist geschnürt, fast schon
beschlossen und soll von Montag an zur Verfügung stehen. Schlingernde
deutsche Banken und Versicherer müssten nur noch beherzt zugreifen, 
um sich selbst und damit den Finanzmarkt zu stabilisieren. Bleibt nur
ein Problem: Keiner will gerettet werden. Vielmehr scheint sich das 
Finanzgewerbe verschworen zu haben, die angebotene Hilfe unter keinen
Umständen anzunehmen: Rette sich, wer kann - vor diesem 
Rettungspaket!
Nicht einmal die LBBW, die der WestLB-geschädigte 
NRW-Finanzminister Helmut Linssen öffentlich bezichtigte, sie wolle 
"offensichtlich als Erste" den Finanzmarktstabilisierungsfonds 
nutzen, will etwas davon wissen. Der CDU-Mann muss entweder eine 
ausgeprägte rheinische Frohnatur sein oder ein politischer 
Geisterfahrer. Schließlich könnten solche Äußerungen eines 
hochrangigen Amtsträgers, ob nun witzig oder ernst gemeint, relevant 
sein für Ratings und Refinanzierungskosten einer auf diese Weise im 
doppelten Wortsinn in Misskredit gebrachten Bank.
Denn das mag ja gerade der Clou am Multimilliardenpaket der 
Regierung sein: Wer Hilfe beansprucht, riskiert nicht nur den damit 
verbundenen Imageschaden, sondern vor allem tiefe Eingriffe etwa in 
die Geschäftsstrategie, die Dividendenpolitik oder - da geht es dann 
für Vorstände und Aufsichtsräte auch persönlich um viel Geld und 
Ansehen - in die Vergütung der Organe. Zudem muss das jeweilige 
Institut die Kosten der abgerufenen Stützungsmaßnahmen tragen und 
mittelbar weitere wirtschaftliche Nachteile wie beispielsweise über 
das Rating in Kauf nehmen. Wer diesen hohen Preis zu zahlen bereit 
ist, dem muss es wirklich schlecht gehen. Dann doch lieber: Rette 
sich, wer kann - und zwar selbst!
Banken und Versicherer sollten sich allerdings nicht zu sicher 
sein, dass sie darüber frei werden entscheiden dürfen. Es könnte 
nämlich auch die britische Methode angewendet werden: Die 
Finanzaufsicht verlangt eine höhere Mindestkernkapitalquote (z.B. 9%)
und oktroyiert damit den Instituten eine bessere Kapitalausstattung; 
etliche deutsche Branchengrößen liegen heute teils deutlich unter 8%.
Da der Markt frische Mittel kaum hergibt, könnte manches Haus 
letztlich gezwungen sein, sich aus dem Stabilisierungsfonds zu 
bedienen - und sich dafür die staatlichen Daumenschrauben anlegen zu 
lassen. Aber solange es irgend geht, wird man in diesem Fall gerne 
der Konkurrenz den Vortritt lassen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0

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