Börsen-Zeitung: Vereinigte Staatsbanken, Kommentar zur US-Bankenkrise von Bernd Neubacher
Frankfurt (ots)
Kaum im Amt, steht Präsident Barack Obama schwer unter Zeitdruck. Ohne Stabilisierung des Bankensektors kann sich die Konjunktur nicht erholen. Kursverluste von 20% bzw. gar fast 30%, wie sie am Dienstag Citigroup und Bank of America binnen Stunden hinnahmen, werden die wankenden Bankenriesen aber nicht mehr oft überstehen. Als im Herbst Lehman mehrere solcher Kursverluste in Folge erlitt, endete dies bald in der Insolvenz.
Nachdem die bisherigen Stützungsmaßnahmen des Staates, darunter Garantien für weit mehr als 400 Mrd. Dollar an problematischen Vermögenswerten beider Großbanken, bislang ohne durchschlagenden Effekt verpufften, steht in Washington die Gründung einer öffentlichen Bad Bank zur Debatte, die der Branche notleidende Vermögenswerte abkaufen soll.
Damit würde die Regierung auf eine Idee zurückkommen, die Ex-Finanzminister Paulson schon vor vier Monaten propagiert hat. Seither ist kostbare Zeit ins Land gegangen, und der Pferdefuß des Plans ist noch immer derselbe, angesichts dessen Paulson ihn aufgab: die Preisfindung. Wenn nun die Chefin der US-Einlagensicherung, Sheila Bair, anregt, eine Bad Bank solle Papiere zum Bilanzwert übernehmen, sollten die Haushaltspolitiker beider Parteien im Kongress die Alarmglocken klingeln hören. Denn damit würde das Verlustrisiko komplett auf den Steuerzahler abgewälzt. Warum sind denn die problematischen Assets unverkäuflich? Und warum geben private Investoren den US-Banken derzeit kein Eigenkapital: weil keiner weiß, welche Belastungen diese Positionen noch bringen werden.
Stimmt eine Schätzung von Goldman Sachs, wonach Finanzinstitute und Anleger weltweit ihre Verluste auf US-Kredite von insgesamt 2 Bill. Dollar erst zur Hälfte realisiert haben, dürften die Vereinigten Staaten kaum umhinkönnen, aus Citigroup und Bank of America eine Art Vereinigte Staatsbanken zu machen. Dies könnte der Höhepunkt der Misere, aber auch der Anfang von ihrem Ende sein. Die Krise der US-Spar- und Darlehenskassen Ende der achtziger Jahre jedenfalls klang erst ab, als die Vermögenswerte havarierter Gesellschaften - und nicht nur deren Problem-Assets - einer öffentlichen Auffanggesellschaft übertragen wurden. Die Aktionäre würden dabei in die Röhre schauen. Sie aber enteignet schon jetzt der Markt.
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