Börsen-Zeitung: Schwierige Geburt, Kommentar zum Weltfinanzgipfel von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Der zweite Weltfinanzgipfel der Gruppe der führenden 20 Wirtschaftsnationen (G 20) in London hat die Staats- und Regierungschefs mehr Nerven gekostet, als sie selbst erwartet haben. Sogar die britischen Gastgeber schienen vom Maß der Unstimmigkeiten trotz ihrer sorgsamen Vorbereitung noch überrascht. Chefs, Stellvertreter und Sherpas verhandelten die Nacht auf Donnerstag durch und rangen noch bis kurz vor der Abschlusserklärung am Nachmittag um einzelne Formulierungen in einer Erklärung, die nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel "entscheidend für die Zukunft der Welt" sein wird.
Obwohl die Kontinentaleuropäer weitere staatliche Ausgaben bremsen wollten und das Kommuniqué auch keine Aufforderung zu neuen Konjunkturpaketen enthält, lautet die Hauptnachricht des Gipfels: neues Geld. Die enorme Summe von mehr als 1 Bill. Dollar soll mobilisiert werden, um die ärmsten Länder über den Internationalen Währungsfonds, die Weltbank und die multilateralen Entwicklungsbanken zu stützen und zugleich dem Welthandel zu neuem Schwung zu verhelfen. Die gleichzeitige Vereinbarung, auf eine nachhaltige Entwicklung der Staatsfinanzen und Konsolidierung zu achten, tritt dahinter zurück.
In der Auseinandersetzung über den Grad von Regulierung und Aufsicht über die internationalen Finanzmärkte gelang es Deutschland und Frankreich mit weiteren Verbündeten, immerhin zu einer deutlichen Sprache im Kommuniqué zu kommen, die über die Washingtoner Erklärung hinausgeht. So sind systemisch relevante Hedgefonds ebenso explizit in der Abschlusserklärung als erstmals zu beaufsichtigende Marktakteure genannt, wie auch Ratingagenturen einer schärferen Regulierung entgegensehen. Auch die Veröffentlichung einer schwarzen Liste von Steueroasen fand Konsens. Dies sind jedoch nur erste Schritte. Die Vorgaben müssen in der Praxis noch implementiert werden.
Die offenkundig schwierige Geburt, die dieser Gipfel zu leisten hatte, wirft die Frage auf: Ist die Welt schon reif, sich global zu organisieren? Es wird sehr viel komplizierter in einer enger vernetzten Welt. Das ist gewiss. Das Miteinander - auch unter der Maßgabe verschobener Gewichte - muss noch weiter eingeübt werden. Ein Anfang ist immerhin gemacht. Das hat die G 20 bewiesen.
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