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Börsen-Zeitung: Rückkehr der alten Zeiten, Kommentar zum Ölpreis von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Das waren noch Zeiten, mag sich so mancher
Hedgefondsmanager und
US-Investmentbanker sagen, als man am Ölmarkt noch so richtig viel 
verdienen konnte. Als der Ölpreis mit den Fundamentaldaten von 
Angebot und Nachfrage rein gar nichts mehr zu tun hatte und nur noch 
Spielball spekulativer Gelder war, die zuhauf in den Markt strömten. 
Als der Ölpreis eigentlich nur den Weg nach oben kannte und bis auf 
ein Allzeithoch von 147,27 Dollar je Barrel der US-Sorte West Texas 
Intermediate emporschoss.
In den guten alten Zeiten reichte es für kräftige 
Preissteigerungen in der Regel schon aus, wenn Analysten einer 
renommierten Bank eine neue Studie streuten, die noch höhere Ölpreise
als unvermeidlich darstellte. Wobei die stetige Verteuerung andere 
Analysten unter Druck setzte, ebenfalls ihre Prognosen nach oben 
anzupassen. Bis zu 200 Dollar wurden damals vorausgesagt - diese 
Prognose stammte übrigens von dem US-Institut Goldman Sachs. 
Unterstützt von den spekulativen Geldern hatte sich die Rally selbst 
immer weiter angeheizt - bis dann der Absturz erfolgte.
Wie es scheint, kehren genau diese Zeiten zum Frohlocken der 
Investoren an den Ölmarkt zurück. Am Donnerstag hat Goldman Sachs die
Ölpreisprognose erneut kräftig angehoben, und prompt reagierte die 
Notierung mit einem Kurssprung von 5%. Am Freitag ist sie dann auf 
ein Siebenmonatshoch von 70,32 Dollar geklettert. Vergessen ist damit
das durch die Krise bedingte Intermezzo, als sich der Ölpreis am 21. 
Dezember 2008 bis auf 33,87 Dollar zurückbildete. Seither, also in 
nur fünf Monaten, hat sich der Ölpreis mehr als verdoppelt.
Dieses Preisniveau von rund 34 Dollar ist übrigens ein äußerst 
interessantes, war es doch von der fast vollständigen Abwesenheit 
spekulativer Engagements gekennzeichnet. Die großen Finanzinvestoren 
an den Rohstoffmärkten - darunter auch Goldman Sachs - hatten
im Herbst und Winter 2008, also unmittelbar nach der Pleite von 
Lehman Brothers im September, ganz andere Sorgen und vor allem keine 
freie Liquidität für einen umfangreichen Eigenhandeln in zahlreichen 
Assetklassen. Viele Banken kündigten damals sogar an, man werde den 
Eigenhandel generell stark herunterfahren. Davon ist aktuell nicht 
mehr viel zu hören.
Zugegebenermaßen kam bei dem sehr niedrigen Preisniveau auch eine 
bereits absackende Nachfrage hinzu. Gleichwohl lassen die Fakten den 
Schluss zu, dass ein allein von Angebot und Nachfrage und nicht von 
spekulativen Engagements geprägter Ölpreis nicht sehr weit oberhalb 
von 34 Dollar liegen dürfte. Das aktuelle Niveau ist also im 
Wesentlichen das Ergebnis einer erneut umfangreichen Spekulation.
Wenn es nach den Analysten von Goldman Sachs geht, setzt sich der 
Preisanstieg weiter fort. Bis Ende 2009 könnten 85 Dollar je Barrel 
erreicht werden, bis Ende 2010 gar 95 Dollar. Zur Begründung 
verweisen die Experten der US-Bank auf eine aus ihrer Sicht 
wahrscheinliche Rückkehr der Energieknappheit aufgrund steigender 
Nachfrage.
Selbst die Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec), der 
man als Kartell der Förderländer sicherlich kein Interesse an 
sinkenden Preisen nachsagen kann, ist da deutlich zurückhaltender. 
Ihr Generalsekretär Abdullah El-Badri hat unlängst ein Niveau von 70 
bis 75 Dollar per Ende dieses Jahres als vernünftig bezeichnet. Die 
meisten anderen Analysten verweisen zudem auf den nach wie vor sehr 
niedrigen Verbrauch, was weitere Preisanstiege aus fundamentaler 
Sicht eng begrenzen sollte.
Geflutete Finanzmärkte
Letztlich sind die Chancen aber doch recht hoch, dass das von 
Goldman beschriebene Szenario Realität wird. Das hängt aber weniger 
von fundamentalen Gegebenheiten ab, als vielmehr davon, ob die 
spekulativen Gelder den Markt weiter beherrschen. Danach sieht es 
gegenwärtig aus, weil die Finanzmärkte von den Notenbanken in einem 
noch nie dagewesenen Maße mit Liquidität geflutet wurden. Es gibt 
eigentlich nur eine Unbekannte in dem Spiel: Die 
US-Rohstoffbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission hat 
sich eine stärkere Kontrolle auch des außerbörslichen Derivatehandels
vorgenommen. Ob dies aber zu der von der CFTC gewünschten Eindämmung 
exzessiver Spekulation führt, ist fraglich.

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