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Börsen-Zeitung: Spekulanten treiben Ölpreis, Kommentar zum Ölpreis von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Wer in diesem Jahr mit dem Auto in Urlaub
gefahren ist, wird sich über die Benzinpreise geärgert haben, die 
wieder einmal zur Urlaubszeit auf ein Jahreshoch geklettert sind. 
Zwar war Benzin im Sommer 2008 noch teurer, so mancher Autofahrer mag
sich aber fragen, ob die Preise nicht noch weiter klettern.
Letztlich hängen die Benzinpreise bekanntlich am Ölpreis, und der 
ist dieser Tage auf ein Jahreshoch gestiegen. Im Londoner 
Terminhandel hat die Nordseesorte Brent Crude zur Lieferung im 
September am Donnerstag kurzzeitig 76 Dollar je Barrel gekostet. In 
den USA wurden bei der dort wichtigsten Sorte West Texas Intermediate
(WTI) kurzzeitig 74 Dollar je Barrel gesehen.
Zur Erinnerung: Im Dezember hatte das Fass Rohöl in New York 
zeitweise gerade einmal 32 Dollar gekostet. Die seither erfolgte 
Verteuerung ist atemberaubend, sie erinnert an den von Spekulation 
getriebenen Gipfelsturm, der im Juli 2008 zum bisher höchsten Ölpreis
von 147 Dollar je Barrel geführt hat.
Hohe Mittelzuflüsse
Genau wie im Frühling und Frühsommer 2008 sind auch diesmal die 
Engagements branchenfremder Adressen am Rohstoffmarkt der Hauptgrund 
für die Hausse bei Rohöl. Dies ist eindeutig an den jüngsten 
Erhebungen zu den Mittelzuflüssen abzulesen. Nach Schätzungen von 
Barclays Capital haben institutionelle und private Investoren im 
zweiten Quartal 34 Mrd. Dollar in den Rohstoffsektor gepumpt. Dies 
ist der zweitgrößte Zufluss, den es je gegeben hat. Inzwischen haben 
Investoren bereits wieder rund 209 Mrd. Dollar in Commodities 
investiert. Die Zahl bewegt sich damit schnell auf ihren Rekordstand 
vom Sommer vergangenen Jahres zu, als fast 280 Mrd. Dollar in 
Rohstoffanlagen angelegt waren.
Darin sind noch nicht die hochspekulativen Adressen wie Hedgefonds
enthalten, die erneut ein großes Rad am Terminmarkt drehen - wie vor 
einem Jahr. Bei diesen Positionen, die von der 
US-Terminbörsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) 
erfasst und veröffentlicht werden, ist ebenfalls wieder ein 
deutlicher Anstieg festzustellen.
Wie in der Hausse vor einem Jahr sind auch jetzt wieder Stimmen zu
vernehmen, die eine stark steigende Nachfrage bei einem knappen 
Angebot prognostizieren und daher von kräftig steigenden Preisniveaus
bei Öl und anderen Rohstoffen ausgehen. Zuletzt hat dies Goldman 
Sachs in einer Studie in Aussicht gestellt. Man fühlt sich auch hier 
an alte Zeiten erinnert: Goldman, selbst einer der größten Spieler an
den Rohstoffmärkten, hatte die Rally im vergangenen Jahr mit der 
berühmt gewordenen Prognose eines Ölpreises von 200 Dollar noch 
weiter angeheizt.
Noch in der Rezession
Von den Rohstoff-Bullen wird aktuell wie folgt argumentiert: Das 
sich abzeichnende Ende der Rezession und die überraschend robuste 
Nachfrage aus China stützen die Notierungen und werden auch für 
weitere Verteuerungen sorgen. Dabei wird geflissentlich übersehen, 
dass sich die Volkswirtschaften nach wie vor in der schlimmsten 
Rezession seit Kriegsende befinden - mit entsprechend gedrückter 
Nachfrage.
Da passt es ins Bild, dass an dem für den WTI-Ölpreis 
entscheidenden Umschlag- und Lagerplatz in Cushing (Oklahoma) die 
Lagerbestände in der sechsten Woche in Folge gestiegen sind. Die 
Aussicht auf einen Aufschwung im kommenden Jahr kann zwar den 
Aktienmarkt oder die längeren Laufzeiten am Ölterminmarkt 
beeinflussen, sollte aber kaum in der Lage sein, den Spotpreis oder 
die Monatskontrakte auf Jahreshochs zu treiben.
Zuletzt war am Ölmarkt eine aufschlussreiche Beobachtung zu 
machen. Der Preisspread zwischen den Ölsorten WTI und Brent hat sich 
eingekürzt bzw. zeitweise umgekehrt. Normalerweise ist WTI etwas 
teurer, weil es sich um eine hochwertigere Sorte handelt, jetzt war 
WTI teilweise billiger. Für die Spread-Veränderung wird neben dem 
Angebotsüberschuss in Cushing ein weiterer Faktor verantwortlich 
gemacht: In den USA wird derzeit intensiv diskutiert, die CFTC mit 
Befugnissen zur Eindämmung der Rohstoffspekulation auszustatten. Auch
an der daraus resultierenden gewissen Zurückhaltung der Spekulanten 
wird deutlich, wer derzeit die Preise am Ölmarkt macht.

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