Börsen-Zeitung: Konjunkturkalkül geht auf, Kommentar zur Konjunkturentwicklung von Stephan Lorz
Frankfurt (ots)
Das Kalkül der Bundesregierung geht offenbar auf: Die Kurzarbeit als Beschäftigungsbrücke aus der Krise erweist sich als stabil und erfolgreich. Allein in der Metall- und Elektroindustrie wurden nach Angaben der IG Metall mehrere Hunderttausend Jobs damit gesichert. Auf die ganze Volkswirtschaft hochgerechnet sind das gut und gern rund eine Million. Allerdings können die Unternehmen dies nicht mehr allzu lange durchhalten, denn die Remanenzkosten - Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, Kosten für die Lohnfortzahlung im Urlaub etc. - müssen ja weiter von ihnen getragen werden. Das zehrt bei bestehender Unterauslastung nach und nach die Reserven auf. Viele Firmen sind bereits an ihre Grenzen gestoßen. Ein Ende mit Schrecken droht: Massenentlassungen - mit verheerenden Folgen für das Konjunkturklima - und ein neuerlicher Absturz in die Rezession.
Von daher ist die Kurzarbeiterregelung nichts anderes als eine Wette auf den Aufschwung: Dass sich die Konjunktur erholt und man wieder Zug um Zug zur Normalarbeitszeit zurückkehrt. Die Ausgaben für die Kurzarbeit könnten dann zumindest als Investition verbucht werden für den Erhalt der wertvollen Facharbeiterschaft.
Mit der aktuellen Ifo-Geschäftsklimaumfrage scheint jetzt die Sorge eines neuerlichen tiefen Konjunktureinbruchs vom Tisch. Sowohl die Lagebeurteilung als auch die Geschäftserwartungen gingen weiter nach oben; die Kapazitätsauslastung hat deutlich zugenommen. Die Konjunktur gewinnt also weiter an Schwung und es gibt die begründete Hoffnung, dass dieser auch anhält, wenn die letzten öffentlichen Dopingmittel zurückgenommen werden.
Für die Unternehmen besteht die Aufgabe nun darin, den Exit aus der Kurzarbeit einzuleiten - nicht zuletzt, um die öffentlichen Budgets und die Sozialversicherungen zu entlasten. Gewerkschaftsforderungen nach einer staatlich mitfinanzierten tariflichen Kurzarbeit sind hierbei nicht hilfreich, weil entsprechende Schritte die öffentliche Alimentation des Arbeitsmarkts zementieren würden. Ein Unternehmen, das auch knapp zwei Jahre nach der Krise nicht auf eigenen Beinen stehen kann, wird es schließlich auch ein paar Monate später nicht schaffen. Die Kurzarbeit war immer nur als Brücke über ein überschaubares Konjunkturtal gedacht - bei zu großen Spannweiten wird die ganze Konstruktion instabil.
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