Börsen-Zeitung: Kontrollversagen bei Porsche, Kommentar Porsche-Hauptversammlung von Claus Döring
Frankfurt (ots)
Sie standen vor einem Jahr im Mittelpunkt der Porsche-Hauptversammlung, und so wird es auch heute wieder sein: Wendelin Wiedeking und Holger Härter. Obwohl der ehemalige Vorstandschef und der damalige Finanzvorstand im Zuge des Reverse-Takeover durch Volkswagen schon im Juli auf Millionenabfindungen gebettet vom Hofe getragen wurden und die Staatsanwaltschaft seit August wegen möglicher Verstöße gegen das Aktienrecht ermittelt, steht die Aufklärung der Fehlspekulationen noch am Anfang.
Dass die Finanzaufsicht BaFin angesichts eines VW-Optionsrades von nahezu 80 Mrd. Euro zunächst keine Hinweise auf Marktmanipulation erkennen konnte, ist schon tragisch genug. Der den Aktionären vorliegende Vorschlag der Verwaltung, die Entlastung von Wiedeking und Härter zu vertagen, nährt aber den Verdacht, dass Gras über die Geschichte wachsen soll. Das Argument, man wolle die staatsanwaltlichen Ermittlungen abwarten, ist allzu durchsichtig. Seit wann braucht es für die Nichtentlastung Straftatbestände? Der durch die VW-Optionsspekulationen erlittene Milliardenverlust und in der Folge der Verlust der Eigenständigkeit sollten Grund genug sein. Die Entlastung ist aber nicht nur allen Vorständen, sondern auch dem Aufsichtsrat zu verweigern. Denn das Kontrollgremium ist offensichtlich seinen Pflichten nicht nachgekommen, es hat den Spekulationsgeschäften seines Vorstands tatenlos zugeschaut.
Braucht es einen eindrucksvolleren Beleg für die Pflichtverletzung der Kontrolleure als jenes Eingeständnis von Porsche-Aufsichtsrat und Großaktionär Ferdinand Piëch vom Mai vorigen Jahres? Bei seinem spektakulären Auftritt auf Sardinien räumte Piëch ein, er wisse als Aufsichtsrat selbst nicht, wie hoch die Risiken aus den VW-Optionsgeschäften seien. Unkenntnis aber schützt vor Strafe nicht: So jüngst das Oberlandesgericht Düsseldorf im Fall IKB, als es die Unkenntnis des Aufsichtsrats als erhebliche Pflichtverletzung wertete, selbst wenn der Vorstand unzureichend informierte.
Was Porsche juristisch noch zu schaffen machen wird, sind nicht die Klagen amerikanischer Investmentfonds, die sich beim Übernahmepoker in VW-Papieren verzockt haben. Es sind vielmehr die Verstöße der Ex-Vorstände gegen die eigene Satzung und das Wegschauen der damaligen, heute noch amtierenden Aufsichtsräte.
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