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Börsen-Zeitung: Plan B muss passen, Kommentar zu Hilfen für Griechenland von Jürgen Schaaf

Frankfurt (ots)

Kolossal gescheitert ist der erste Versuch der
politischen Führung Europas, Griechenland aus dem Kreuzfeuer der 
Finanzmärkte zu nehmen. Plan B muss jetzt passen. Ansonsten droht ein
politökonomischer Flächenbrand, dessen Konsequenzen nicht absehbar 
sind.
Plan A der Europäischen Kommission sah vor, entlang des 
bestehenden Regelwerks Herr der Lage zu bleiben. Jüngst wurde das 
laufende Defizitverfahren gegen Griechenland verschärft und das 
Landesbudget quasi unter EU-Aufsicht gestellt. Athen hat daraufhin 
Sparmaßnahmen verkündet.
Genutzt hat das wenig bis gar nichts. An den Finanzmärkten wird 
die Geschichte vom reuigen Sünder nicht gekauft, der aus eigener 
Kraft zurückfindet auf den Pfad der Tugend. Die Risikoaufschläge für 
griechische Staatsanleihen haben sich durch die Sparpläne Athens kaum
eingeengt.
Atempause an den Märkten
Ein Wunder ist dies nicht, wenn man sich die bisherigen 
Verfehlungen der Griechen anschaut. Die Hellenen haben in den 
vergangenen Jahren fast ausnahmslos gegen den Stabilitätspakt 
verstoßen. Nur mit gefälschten Zahlen schafften sie es 2001 in die 
Währungsunion. Der bestehende Rechtsrahmen hat das südosteuropäische 
Land also nicht vom fiskalischen Schlendrian abgehalten - wieso 
sollte er die Läuterung herbeiführen? Die Lesart der Finanzmärkte 
lautet: Der Stabilitätspakt ist das Papier nicht mehr wert, auf das 
er gedruckt wurde.
Erst als am Dienstag Spekulationen aufkamen, es werde in Berlin 
und Brüssel ein Rettungspaket geschnürt, setzte die lang ersehnte - 
leichte - Entspannung an den Finanzmärkten ein. Auch wenn gestern 
keine Details eines möglichen Rettungsplans publik wurden, zeichnet 
sich doch recht klar ab, dass die Staatengemeinschaft Griechenland 
nicht fallen lassen wird.
In der Tat ist die politische Intervention inzwischen nötig. Denn 
längst geht es nicht mehr nur um Athen. Sollte Griechenland pleite 
gehen, werden sich die Finanzierungsbedingungen von zunächst 
Portugal, dann aber auch Spanien und Italien drastisch verschärfen. 
Die Dominosteine der entsprechenden Länder stehen bereits in Reihe. 
Auch würde der Euro abstürzen.
Zwar trägt Griechenland nur 3% zur Wirtschaftsleistung der 
Eurozone bei. Dies kleinzureden wäre aber naiv. Man muss sich nur in 
Erinnerung rufen, was für ein Schlachtfeld der Ausfall der relativ 
kleinen US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 
hinterlassen hat. Und auf die Bankenkrise 2008/09 folgt die 
Überschuldungsgefahr einzelner Länder. Der zweite Akt der Tragödie an
den internationalen Finanzmärkten hat die Gefahr von Staatspleiten 
zum Plot.
Was ist zu tun? Die naheliegende Versuchung, Griechenland einen 
Scheck über 30 Mrd. Euro auszustellen - auf diese Summe wird der zur 
Rettung Griechenlands zunächst erforderliche Betrag geschätzt -, ist 
nicht nur rechtlich ausgeschlossen. Auch materiell sollte der Geist 
der "No-Bail-out-Klausel" nicht einfach ignoriert werden. Diese soll 
Moral Hazard auf Staatenebene verhindern. Denn es ist offenkundig, 
dass nationale Regierungen künftig der "moralischen Versuchung" 
erliegen werden, zu laxes Ausgabenverhalten an den Tag zu legen, wenn
sie damit rechnen können, dass andere Staaten die Zeche zahlen. Der 
Wettlauf der fiskalischen Disziplinlosigkeit wäre programmiert. Das 
Vertrauen in den Euro würde vollends unterminiert.
Das heißt: Jedwede finanzielle Unterstützung muss an strikte 
Auflagen gekoppelt werden, so wie es der Internationale Währungsfonds
(IWF) praktiziert. Die an dieser Stelle bereits vor Jahresfrist 
favorisierte Lösung, den IWF zur Hilfe zu holen, ist aber politisch 
nicht gewollt (vgl. BZ vom 25.2.2009).
Wenn Europa die Sache eigenständig regeln will, dürfen die 
Konditionen einer Finanzspritze dennoch nicht hinter die des IWF 
zurückfallen. Sie können aber auch nicht darüber hinausgehen, weil 
sich Athen sonst zum IWF flüchten würde. Ob die Mittel bilateral oder
multilateral von anderen Staaten der EU ausgereicht werden, etwa 
durch Garantien für griechische Staatsanleihen oder den direkten Kauf
von Papieren, ist dabei nachrangig. Die Konditionalität der 
Mittelvergabe ist ausschlaggebend.
Schuldenbremse einführen
Langfristig muss der Stabilitätspakt durch ein neues, strikteres 
Regelwerk ersetzt werden. Nur so kann die fiskalische Glaubwürdigkeit
zurückgewonnen werden, ohne die die Währungsunion dauerhaft nicht 
funktionieren kann. Eine europäische Schuldenbremse nach dem 
Schweizer oder deutschen Vorbild wäre denkbar.
Schnelles Handeln ist geboten. Denn: Griechenland rauszuboxen, dürfte
nicht nur relativ einfach, sondern auch vergleichsweise billig sein, 
nämliches gilt für Portugal. Wenn erst einmal Spanien von den 
Finanzmärkten ins Visier genommen wird, sind ganz andere Beträge 
erforderlich. Man darf sich daher nichts vormachen: Der 
Staatsbankrott Griechenlands könnte die Eurozone sprengen. Die Folgen
wären ökonomisch dramatisch. Politisch wären sie verheerend, würden 
sie den europäischen Einigungsprozess doch um Dekaden zurückwerfen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
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