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Börsen-Zeitung: Vorbild Obama, Kommentar zur US-Gesundheitsreform von Stephan Lorz

Frankfurt (ots)

Gerade hat US-Präsident Barack Obama nach
monatelangem Kampf die Gesundheitsreform, sein wichtigstes 
innenpolitisches Projekt, durchgeboxt. Waren bisher nur gut 80% aller
Amerikaner krankenversichert, soll die Quote nun auf immerhin 95% 
steigen. Quasi jeder Amerikaner muss künftig eine Krankenpolice 
vorweisen; Versicherer müssen jeden Interessenten aufnehmen; und 
Betriebe sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter zu versichern.
Letztendlich streben die USA damit "deutsche Verhältnisse" an. 
Denn hierzulande sind Obamas gesundheitspolitische Ziele bereits 
verwirklicht - und trotzdem sind die Kosten geringer als in den 
Staaten: Während in den USA gut 16% der Wirtschaftsleistung für 
Gesundheitskosten ausgegeben werden, und das nur für einen Teil der 
Bevölkerung, sind es hier nur 11% - für alle. Zudem muss in 
Deutschland niemand befürchten, dass er aus dem Versicherungsverbund 
fliegt oder im Akutfall aus Kostengründen nicht behandelt wird.
Gleichwohl sind die Reformnotwendigkeiten auch für das 
Gesundheitswesen in der Bundesrepublik nicht abzustreiten: Die 
demografische Entwicklung und steigende Behandlungskosten zwingen 
dazu, das Versicherungssystem auf eine neue, breitere 
Finanzierungsgrundlage zu stellen und die Ausgaben durch mehr 
Wettbewerb an der einen und Regulierung an der anderen Stelle in den 
Griff zu kriegen.
Doch während sich in den USA der Präsident höchstpersönlich mit 
außergewöhnlich hohem Engagement für sein Reformwerk einsetzt, zeigt 
sich die Berliner Regierung desorientiert. Gerade hat die CSU ein 
eigenes Reformkonzept vorgelegt und geht damit auf direkten Gegenkurs
zum Koalitionspartner FDP. Ein Gesamtkonzept ist nirgendwo zu 
erkennen. Niedere Koalitionschargen streiten sich heftig, während 
sich Kanzlerin Angela Merkel zurückhält, bis sich die Kampfeswolken 
verzogen haben. Dann herrscht wieder Koalitionsfrieden - und der Weg 
ist frei, um an der ein oder anderen Baustelle die Absperrgitter 
etwas zu verrücken und dies dann "Reform" zu nennen.
Was die Bedeutung des Gesundheitsthemas für das Leben der Menschen
anbelangt, so klafft eine riesige Lücke zwischen dem Engagement des 
US-Präsidenten und dem Verhalten der Kanzlerin. Etwas mehr Herzblut 
in dieser Angelegenheit stünde auch ihr gut an und würde zeigen, dass
sie sich der Sorgen der Menschen tatsächlich annimmt.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

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