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Börsen-Zeitung: Immer wieder die Boni-Banker, Leitartikel von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Erst die Bank gegen die Wand fahren, die Finanzbranche und vor allem die Steuerzahler zu einer Rettungsaktion im Umfang von letztlich mehr als 100 Mrd. Euro nötigen und nach dem folgerichtigen Rausschmiss das entgangene Millionengehalt und eine Luxusrente von monatlich 47000 Euro einfordern - Leistungen, für die im Endeffekt wiederum die Allgemeinheit aufkommen müsste: Bei einem Wettbewerb "Wer ist die Ausgeburt des Gier-Bankers?" könnte hierzulande kaum ein Kandidat gegen Georg Funke, bis zum 7. Oktober 2008 Chef der unter seiner Führung in Trümmer gelegten Hypo Real Estate (HRE), anstinken. Wenn Stammtischbrüder wegen "Boni für Bankster" oder ganz allgemein Gehaltsexzessen im Kreditgewerbe schäumen und wenn Politiker mit Gespür für den Volkszorn auch in Sachen Vergütung an der Regulierungsschraube drehen - einen haben sie immer in persona im Sinn: Funke.

Die Wogen der Empörung glätten sich auch in Jahr 4 der Finanzkrise nicht. Zwar ist Funke längst nicht mehr in Amt und Unwürden, doch auch von einer kleinen Minderheit Aktiver in staatlich gestützten Banken wird weiterhin in einem Maße abkassiert, das weite Teile des Publikums schlicht obszön dünkt - entweder, gerade weil das Geld scheinbar direkt aus den öffentlichen Kassen in die privaten Taschen fließt, oder überhaupt, weil Banker in Relation zu anderen Berufsgruppen wie auch gemessen an ihrer oft bescheidenen Leistung sowieso als überbezahlt gelten. In diesem Stimmungsumfeld ist der schwarz-gelben Koalition in Berlin plötzlich aufgefallen, dass sie zwar - übrigens in einem Akt von Symbolpolitik - die Vorstandsbezüge in den vom Bund aufgefangenen Banken bei 500000 Euro gedeckelt, aber leider vergessen hat, auch die in Einzelfällen über diesem Niveau liegenden Gehälter auf der nächsten Führungsebene oder von Spezialisten zu limitieren. Das soll nun nachgeholt werden.

Würden Zombiebanken wie die HRE nicht künstlich am staatlichen Tropf ernährt, so eine auf den ersten Blick überzeugende Begründung, könnten solche Wesen überhaupt keine Gehälter mehr zahlen. Wie sollen dann erst leistungs- oder erfolgsorientierte Vergütungsbestandteile und gar Einkommen jenseits der maximalen Vorstandsentlohnung zu rechtfertigen sein? Nicht zuletzt: Da würden ja noch jene vom Stamme Nimm für das Desaster belohnt, das sie selbst angerichtet haben. Doch bei dieser Argumentation werden ein paar Feinheiten übersehen. Erstens: Bei HRE & Co. mal eben den Stecker ziehen und damit den Personalaufwand auf null setzen, würde ja nicht gutgehen. Diese "einfache" Lösung hätte man schon vor zwei Jahren haben können. Da gibt es nur ein kleines Problem namens Systemrisiko.

Zweitens: Diejenigen, die jetzt die Aufräumarbeiten erledigen, dürften in aller Regel nicht dieselben sein, auf deren Mist die Finanzkrise gewachsen ist. Wenn aber die teuren Experten ihren Job gut machen, also von den milliardenschweren Kapitalhilfen und Garantien des Staates retten, was zu retten ist, wären dafür ausgelobte Boni aus Sicht der Steuerzahler nicht das schlechteste Investment. Fatal wäre vielmehr, jetzt auch noch die Restrukturierung und teilweise Abwicklung der gestützten Banken Nieten zu überlassen, nachdem schon eine übergroße Zahl von Versagern und Abenteurern den Schlamassel herbeigeführt hat.

Ob einzelne besonders qualifizierte Experten hohe sechsstellige oder gar siebenstellige Beträge im Jahr wert sind, darüber lässt sich trefflich streiten. Das Unbehagen in Politik und Öffentlichkeit über die überdurchschnittlich verdienenden Bankangestellten im Allgemeinen und "Boni-Banker in Pleitebanken" im Besonderen ist mehr als verständlich. Nicht nur, weil deren Einkommen häufig im Widerspruch zu den Entwicklungen auf den Depotauszügen der Kunden zu stehen scheinen. Auch nicht allein wegen der durch die Finanzkrise entstandenen ökonomischen und haushaltswirksamen Schäden. Sondern obendrein, weil die marktorientierten Ansprüche der Banker nicht recht zu dem staatskapitalistischen System passen wollen, das derzeit in weiten Teilen nicht nur der deutschen Bankenlandschaft herrscht.

Aber woran soll sich der monetäre Wert eines Bankers auch in einem vom Staat subventionierten Institut orientieren, wenn nicht an Angebot und Nachfrage? Ist etwa schon ein durchschnittlicher Bundesligafußballer ein Millionengehalt wert? Die Aufregung darüber hält sich vergleichsweise in Grenzen. Der Marktwert der Banker ist jedenfalls offenbar ebenso vorhanden wie jener der Kicker - wobei die Parallelen sich nicht auf exzessiv anmutende Gehälter beschränken, sondern auch in hier wie da vielfach unsoliden Finanzierungsverhältnissen zum Ausdruck kommen. Zwischen beidem scheint ein Zusammenhang zu bestehen.

Dennoch: Das Unbehagen müsste weitaus größer sein, würde der Staat noch stärker, als es - Beispiel Mindestlöhne - längst geschieht, Lohnregulierung betreiben, auch Höchstverdienste auf breiter Front definieren und womöglich gar rückwirkend in die Vertragsfreiheit eingreifen. Wo sollte das enden? Das nötige Instrumentarium, um bei offensichtlichen Ausschweifungen intervenieren zu können, ist bei den staatlichen Stellen schon heute vorhanden. Durch die noch keine zwei Wochen alte Instituts-Vergütungsverordnung wurde es gerade noch einmal geschärft. Das sollte auf diesem Gebiet allmählich an Regulierung genügen.

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